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   Ein
  Hochschulinstitut als dissipatives System  | 
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   Öko-Text  | 
 
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   Stand 1.9.2001 (1980)  | 
 
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4. Innere Ordnung und Unordnung
 
 
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   Begriffe:
  Anklicken der im Haupttext mit ">" markierten Begriffe führt zur
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   Ein
  Hochschulinstitut als
  dissipatives, Energie umsetzendes System ...    | 
  
  
   Als ein >dissipatives, also ein >Energie umsetzendes und zerstreuendes >System, das gleichzeitig Stoffe und
  >Informationen umsetzt, gehorcht ein
  Hochschulinstitut physikalischen und ökologischen Gesetzmäßigkeiten, ähnlich
  wie Organismen in einem >Ökosystem. Gezwungen durch >Konkurrenzdruck, erhält und steigert es
  seine >Ordnung. Die ökologischen Zusammenhänge
  besitzen auch Gefühlswerte, die selbst wieder ökologisch deutbar sind.         | 
  
 
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   ... kann
  in einem ökologischen Modell abgebildet werden ...          | 
  
  
   Man baut sich >Modelle von einem Planungs- oder Untersuchungsgegenstand,
  weil man Versuche am Modell mit weniger Energieaufwand durchführen kann als
  am Gegenstand selbst. Sprachliche und mathematische Modellbildung
  vermindert den Aufwand erheblich und hat die überlegen schnelle
  kulturell-technische >Evolution ermöglicht. Wenn ein bestehendes Modell nicht nur einmal, sondern
  mehrmals in verschiedenen Zusammenhängen verwendet werden kann, wird eine
  weitere Einsparung an Aufwand erreicht. Jeder Vergleich eines Gegenstandes
  mit einem anderen schafft ein Modell. Selbst zunächst äußerlich erscheinende
  Analogien lassen sich durch entsprechend starke Abstraktion auf ein
  vertieftes Fundament stellen.   Wer in einem Institut für >Ökologie gearbeitet hat und mit ökologischen Denkmodellen zu tun hat, ist
  geneigt, diese Modelle auf die Arbeit im Institut selbst anzuwenden. Ökologische
  Modellvorstellungen, die naheliegen, sind ein Organismus, ein Garten, ein
  Ökosystem - auf jeden Fall dissipative Systeme mit Stoff- und Energieumsatz
  (vgl. hierzu Odum 1977). Das Modell des Ökosystems hat Blackburn
  1973 in einleuchtender Weise auf das Hochschulmilieu angewendet. Der
  vorliegende Beitrag wurde von Blackburns Schrift angeregt.     | 
  
 
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   ... "von
  außen" und "von innen":    | 
  
  
   Bei der Modellbildung lassen sich zwei entgegengesetzte Pole
  unterscheiden: Man kann die Dinge sozusagen von außen, unbeteiligt,
  wissenschaftlich, "im Reagenzglas" betrachten; man erhält dann mehr
  oder weniger wertneutrale "Ist-Modelle". Hierbei kann die
  Entscheidung für eine solche Betrachtung selbst, wenn sie nicht zufällig
  ist, nicht wertneutral sein. Man kann die Modelle aber auch sozusagen von
  innen sehen, gefühlsbesetzt, mit Anteilnahme. Die Modelle, die man so
  erhält, sind keine reinen Ist-Modelle mehr; sie können als
  "Sollte-Modelle" oder auch "Sinn-Modelle" charakterisiert
  werden. Allerdings enthalten auch sie Information über Istzustände. Die
  Ökonomie beider unterschiedlicher Modellbildungen bezieht sich auf einen
  jeweils anderen Umwelt- und Sprechzusammenhang - Übergänge sind denkbar.     | 
  
 
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   Prognosen  und
  Gefühlswerte          | 
  
  
   Ein Lebewesen, ein Garten, ein Hochschulinstitut sind selbstregulierende
  Systeme mit lebenden Bestandteilen, die physikalischen und ökologischen
  Gesetzmäßigkeiten gehorchen. Sie erhalten ihr dissipatives >Gleichgewicht gegen innere und äußere
  Störungen, insbesondere gegen die Konkurrenz anderer. Sie sind aber
  gleichzeitig auch Gebilde mit Gefühlswert; die Dinge werden mit Respekt und
  Liebe betrachtet; Störungen werden gefürchtet; stabile Gleichgewichte bringen
  Befriedigung. Diese Gefühlswerte können ökologisch gedeutet werden als verhaltenssteuernde
  Signale, die aus >komplexen Verrechnungen der Informationen im Gehirn
  stammen. Der Verrechnungsmechanismus wiederum muß sich während der
  langen Evolution in ähnlichen Situationen bewährt haben; ein gewisses
  Vertrauen in diese Mechanismen spart vergebliche Versuche und damit Energieverluste.        | 
  
 
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   Ein
  dynamisches System ...          | 
  
  
   Ein Hochschulinstitut läßt sich wie jedes System als eine
  Menge von Elementen mit gegenseitigen Beziehungen,
  spezieller als ein offenes, >dynamisches System - mit Beziehungen auch zur
  Umgebung und Veränderungen in der Zeit auffassen. Die Veränderungen in der
  Zeit sind mit einem gewissen Energie-Umsatz oder Arbeitsaufwand der
  Lehrstuhlangehörigen sowie der technischen Geräte verbunden; damit wird das
  dynamische System zu einem "dissipativen" System. Außerdem hat
  das System einen gewissen stofflichen Bestand, eine bestimmte ">Biomasse" (seiner Angehörigen) und eine gewisse ">Technomasse" (seines Bestandes an
  Bauten, Leitungen, Geräten, Maschinen und sonstigen >technischen
  Systemen). Sowohl Bio- wie Technomasse unterliegen einer gewissen Erneuerung,
  tauschen also Stoffe mit der >Umwelt aus.    | 
  
 
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   ...
  konkurriert mit  anderen
  um Energie und Stoffe.    | 
  
  
   Das System muß deshalb an energetische und stoffliche >Ressourcen in der Umwelt angekoppelt
  sein. Und da das System nicht allein auf der Welt ist, steht es in Konkurrenz
  zu anderen Systemen, die sich aus dem gleichen begrenzten Ressourcentopf
  oder Ressourcenstrom nähren.   Jedes komplexe dissipative System überlebt gegen seine Konkurrenten.
  Wenn Konkurrenzdruck wegfällt, dann wird die komplexe Ordnung des Systems
  schrittchenweise abgebaut, weil kleinste, thermodynamisch unvermeidliche Verluste
  und Unregelmäßigkeiten, Schmutz und Unordnung sich ansammeln, z.T. aufschaukeln.
  Die Konkurrenz zwingt dagegen zu Einhaltung und womöglich Steigerung des
  bisher erreichten Ordnungsgrades.     | 
  
 
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   Auch
  ökologisch hat alles seinen Preis.    | 
  
  
   Konkurrenz bedeutet aber auch: Es kann nur etwas erreicht werden
  aufkosten anderer Systeme. Zuwachs und Gedeihen sind erkauft mit Verlusten,
  Kränkeln, Chancenverlust und Absterben bei konkurrierenden Systemen. Konkurrenten
  für ein Hochschulinstitut können andere Institute sein oder andere Disziplinen,
  aber auch Lebewesen, denen durch die Raum- oder Stoffkonkurrenz des Instituts
  die Lebensmöglichkeiten beschnitten oder genommen werden. Furcht- und Haßgefühle
  gegenüber den Konkurrenten müssen sich als überlebensfördernde Verhaltenssteuerung
  herausgezüchtet haben.     | 
  
 
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   Ausbeutung
  anderer ...          | 
  
  
   Wenn die Konkurrenten >Ausbeutung anderer Systeme betreiben,
  etwa Arbeitsströme von Studenten einseitig ableiten, dann muß man es ebenfalls
  tun, wenn man nicht andere Möglichkeiten hat, die Überlebensvorteile der
  Ausbeutung anderer zu kompensieren. Umgekehrt müßte ein Institut versuchen,
  sich nicht mehr als unvermeidlich von stärkeren Systeme ausbeuten zu
  lassen. Da diese Systeme durch Informationsgewinn über das auszubeutende
  System den >Wirkungsgrad ihrer Ausbeutung steigern, darf ein Institut sich nicht allzusehr
  "in die Karten schauen" lassen, um nicht den ausbeutenden Zugriff
  stärkerer Systeme zu erleichtern. Weil immer ein gewisser Informationsfluß
  von den Studenten zu solchen Systemen zu befürchten ist, muß ein Institut
  abwägen zwischen der Energieeinsparung durch den Aufbau eines gemeinsamen
  Informationsspeichers für Institut und Studenten und damit wirksamerer
  Zusammenarbeit - und der Energieeinsparung durch Vermeidung von Indiskretion.    | 
  
 
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   ... und
  Symbiosen helfen
  beim Überleben ...    | 
  
  
   Jedes Institut hat mindestens einen Konkurrenten; Institute können
  aber auch miteinander in >Symbiose leben und sich gegenseitig
  fördern und steigern, wenn gleichzeitig der Aufwand für die Überbrückung der
  Kommunikationsschranken nicht zu groß wird. Man könnte eine
  Wissenschaftsdisziplin oder ein Institut ökologisch aus der Umwelt aus
  anderen Disziplinen bzw. Institute definieren, mit denen sie in Kontakt
  steht: "Sage mir Deinen Umgang, und ich sage Dir, wer Du bist".
  Das könnte zu einer neuartigen Klassifizierung der Wissenschaften führen,
  vergleichbar der Klassifizierung von Lebewesen nach ihrer Rolle im
  Ökosystem.     | 
  
 
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   ... im
  Konkurrenzfeld.    | 
  
  
   Schon die Benutzung von Maschinen - von Telefon, Computern, Kopierern
  und anderem - kann als Symbiose aufgefaßt werden, zu der der Konkurrenzkampf
  der Institute zwingt. Der gesamte Vorgang läßt sich auch als "technische
  Aufrüstung" auffassen, vergleichbar der militärischen Aufrüstung -
  und wohl ähnlich unumkehrbar (vgl. Wesley 1974).         | 
  
 
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   Geld als
  Modell  für
  Energie und Stoffe          | 
  
  
   In heute gebräuchlicher wirtschaftlicher Betrachtung werden die Ressourcen
  nicht primär als Stoff- oder Energiequellen gesehen, sondern als Quellen
  von Geld. Das Geld kann aber als Modell für Stoffe (Güter) und
  Energie (Arbeit) betrachtet werden, die Geldflüsse als in Gegenrichtung
  fließendes Äquivalent für Stoff- und Energieströme.   Ein Institut ist einerseits von staatlichem Geld abhängig,
  kanalisiert in Personal- und Sachmitteln, andererseits vom Zustrom
  studentischer Arbeit. Die Personalmittel  können gedeutet werden als Geld-Äquivalent für einen Strom
  menschlicher Arbeit, umgewandelter Nahrungs- und damit Sonnenenergie, der
  in die Erhaltung und Entwicklung des Instituts fließt. Die Sachmittel
  entsprechen dem Umsatz von technischer Energie und Stoffen sowie von menschlicher
  Arbeit für Betrieb und Erhaltung der technischen Systeme.    | 
  
 
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   Arbeit der
  Studenten  als
  Ressource: ...    | 
  
  
   Die Arbeit der Studenten wird oft als Ressource relativ
  gering eingestuft. In ökologischer Sicht ist sie ebenfalls als Energiestrom
  deutbar. Quantitativ beträgt sie ein Vielfaches der Arbeit der Angehörigen
  eines Hochschulinstitutes. Da diese aber einen gewissen Informationsvorsprung
  vor den Studenten besitzen, das heißt, ihr fachliches Umweltmodell schon
  etwas mehr angereichert ist, hat die Institutsarbeit im Durchschnitt (nicht
  in jedem Einzelfall) einen etwas höheren Wirkungsgrad, vergleichbar dem höheren
  Wirkungsgrad, der bei einer Turbine durch einen schärferen Wasserstrahl
  erzielt wird. Die Energieaufwendung, zu studieren, steigert den
  Wirkungsgrad der fachlichen Arbeit und soll sich im Berufsleben auszahlen.
  Umgekehrt bedeutet die Arbeit der Studenten auch für das Institut einen
  gleichsinnig gerichteten Arbeitsstrom, der laufend Auswirkungen auf die
  innere Struktur und das Verhalten des Instituts hat, und der trotz seines
  geringeren Wirkungsgrades erhebliches Gewicht haben kann.     | 
  
 
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   ... Zusammenarbeit
  mit den Studenten zu verbessern lohnt sich.    | 
  
  
   Im Konkurrenzkampf der Institute ist der Gesamtwirkungsgrad
  entscheidend. Um diesen Gesamtwirkungsgrad zu steigern, ist es wohl oft
  effektiver, den Wirkungsgrad in der Zusammenarbeit mit einer großen Zahl
  der Studenten zu steigern, als den Wirkungsgrad einzeln forschender Institutsangehöriger.
  Zumindest ein Teil der Institutsangehörigen sollte also die Fähigkeit zu
  einer wirkungsvollen Zusammenarbeit mit den Studenten besitzen. Wenn sich
  diese ökologische Situation in den Gefühlswerten abbildet, dann müßte diese
  Zusammenarbeit mit den Studenten oft mehr Befriedigung vermitteln als etwa
  die mit der Hochschulverwaltung.  | 
  
 
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    Studienarbeiten  als Wissensressource          | 
  
  
   Ein System, das sich mehr Stoffe und Energie aus der Umwelt aneignen
  kann, wird mehr Chancen haben, zu wachsen. Gleichzeitig wird es damit umso
  mehr Möglichkeiten haben, Informationen über die Umwelt zu
  speichern und zu verarbeiten. Bei sonst gleichen Bedingungen wird das System,
  das die Eigenschaften der Umwelt, insbesondere die Quellen für mögliche
  Störungen genauer oder vollständiger im Modell abbildet, gegenüber seinen
  Konkurrenten Überlebensvorteile haben. Ein System, das über längere Zeit
  einem Konkurrenzdruck standgehalten hat, wird also Informationen über seine
  Umwelt angesammelt haben und das Umweltmodell in seinem Informationsspeicher
  auszuweiten versuchen. Wenn zum Beispiel auf die Ausnutzung der Information
  verzichtet wird, die in den Studienarbeiten vorliegt, indem diese Arbeiten
  nur immer wieder zurückgegeben werden, statt laufend in die Institutsbücherei
  gestellt zu werden, bedeutet das einen Verzicht auf positive Rückkopplung
  - etwas, das mit der Aushagerung des Bodens an windausgesetzten Geländekanten
  vergleichbar ist. Wenn jedoch die Studienarbeiten wie auch sonstige
  Informationen zum Arbeitsgebiet des Instituts laufend gesammelt werden, so
  ist das mit konsequenter Pflege eines Komposthaufens zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit
  zu vergleichen. Die Einspeisung selbst unausgegorener Gedanken der Studenten
  und Institutsangehörigen in den gemeinsamen Informationsbestand dürfte so
  wohltätig wirken wie das >Mulchen auf den Boden, und das entsprechende Sammel- und Pflegeverhalten
  müßte durch starke Gefühlswerte belohnt werden.     | 
  
 
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   Allerdings: Auch
  Informationssammlung nicht grenzenlos          | 
  
  
   Allerdings erfordert die Ansammlung von Informationen - Büchern, Plänen,
  Bildern, Erfahrung - selbst einen gewissen Stoff- und Energieumsatz. Jede
  Information in einem >lebenden System über seine Umwelt, die längere Zeit
  überdauern soll, muß in einem materiellen Informationsspeicher konserviert
  werden.    Jede Einwirkung auf die Umwelt erfordert Energie. Auch ein Energiespeicher
  erhöht die mögliche Leistung, also die in der Zeiteinheit freisetzbare
  Energie. Aber auch ein Energiespeicher erfordert ein stoffliches Substrat.
  Die beiden überlebensnotwendigen Funktionen der Informations- und
  Energiespeicherung konkurrieren also um stoffliche Strukturen eines lebenden
  Systems, das selbst wieder unter Konkurrenz steht. Von zwei um die gleichen
  Ressourcen konkurrierenden Systemen wird bei sonst gleichen Bedingungen
  dasjenige die größeren Überlebenschancen haben, das mit sparsameren
  Speichern auskommt, das also keinen Ballast unterhält. Deshalb wird das
  Maximum an Informations- oder Energievorrat nicht gleichzeitig das Optimum
  sein; überflüssige Informationen, überflüssige Energiedepots müssen
  ausgeschaltet werden, um die Speicher zu entlasten; Gehirne wachsen so
  wenig ungebremst wie Fettpolster (vgl. hierzu Dancoff/Quastler 1953).
  Je mehr Information über die Umwelt ein System je Einheit des Energiedurchsatzes
  speichern kann, desto höher dürfte der Überlebenswert im allgemeinen sein.
  Im Konkurrenzfeld wird sich also das Verhältnis von Informationsumsatz zu
  Bio- und Technomasse allmählich einem Maximum nähern, das durch die Gefühlswerte
  der Schönheit - geordneter Vielfalt - signalisiert und belohnt wird.    | 
  
 
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   Unvermeidlich:
   Abfälle
  und Abwärme     | 
  
  
   Die Kehrseite von Stoff- und Energieumsatz sind Abfall- und
  Abwärmeproduktion. Schon ein Kopierapparat kann als Beispiel dienen.
  Er erzeugt unvermeidlich Lärm, Schmutz, Abfälle, Abwärme und schlechtere
  Luft - ein Modell aller Umweltprobleme im Kleinen. Nichts hilft es, daß
  etwa ein Ökologie-Institut Umweltbelastungen verringern will - es erzeugt
  selber welche, wenn es leben will. Das Verhältnis zu den technischen
  Systemen müßte also ambivalent sein, ökologisch gesehen und auch in den
  Gefühlswerten.         | 
  
 
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   Innere Ordnung steigt im Konkurrenzfeld ...          | 
  
   Nicht nur die Ansammlung.
  Speicherung und Verarbeitung von Information über die äußere Umwelt,
  sondern auch die Ordnung der inneren Strukturen, die innere Modellbildung
  dürfte einen positiven Wert für das Überleben eines Instituts haben. Wenn die
  verschiedenen Teile eines Instituts voneinander die wesentlichen
  Informationen speichern und eine gewisse Redundanz hergestellt ist, dann wird
  das Zusammenwirken der Teile gefördert. Konzepte sind ein Mittel, um
  so etwas zu erreichen. Konzepte sind Modelle; sie können also nur Teile der
  Wirklichkeit oder des angestrebten Zustandes abbilden; sie sind abstrakt.
  Wie jedes System erfordern sie zu ihrer Bildung und Erhaltung Energie.
  Konzepte unterliegen der >Mutation und der >Selektion;
  konkurrierend schwimmen sie in der Suppe der Modelle umher, selbst wenn sie
  scheinbar alles umfassen. Formulierte Konzepte, zum Beispiel über die
  Interessen- und Forschungsrichtung, die Kompetenzverteilung, den
  Studienablauf können Verzögerungen und Interferenzen vermindern, ähnlich
  wie die Fahnen bei den Soldaten. Konzepte sparen Denkarbeit und können Zugehörigkeitsgefühle
  vermitteln. Ihre Gefahr ist die Erstarrung. In einer sehr veränderlichen
  Umwelt können sie hinderlich wirken und die Anpassungsfähigkeit vermindern
  statt erhöhen. Wenn sie allgemein zugänglich sind, bringen sie auch die
  Gefahr, daß Konkurrenten, Ausbeuter und Schmarotzer allzu gut über die Innenstruktur
  des Instituts bescheidbekommen und zum Beispiel interessante Forschungsthemen
  oder wissenschaftliche Pointen wegschnappen.     | 
 
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   ... bis zu relativen Grenzwerten    | 
  
   Es muß also ein Mittelweg
  gesucht werden zwischen konzeptlosem Dahinwursteln und der Verknöcherung in
  den eigenen Konzepten und Prinzipien. Ordnungs- und Konzeptbildung kann von
  den Studenten mitgetragen werden; ihre Identifikation mit "ihrem"
  Institut steigt dadurch an, daß das Studienmilieu selbst ein ständiges Thema
  von Studium und Studienpraxis ist. Wenn das durchgehalten wird, müßte die
  Arbeitsüberlastung der Institutsangehörigen in Grenzen gehalten werden
  können.    | 
 
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   Rhythmus als Hilfsmittel zur Energie-Einsparung          | 
  
   Der Tendenz zur maximalen Ordnung,
  die den Energieaufwand für die Bewältigung zu erwartender Störungen vermindert,
  und zu der sich die konkurrierenden Systeme gegenseitig zwingen, läuft die
  Tendenz zur maximalen Unordnung entgegen, die die Aufwendungen für den
  Aufbau von ordnenden Steuerungs- und Kontrollsystemen vermindert. Im Lauf
  der Zeit ändern sich zufällig Kleinigkeiten im lebenden System und wirken
  als innere Störungen. Störungen aus der Umwelt kommen hinzu. Die Beseitigung
  der entstehenden Unordnung in unregelmäßigen, zufälligen Abständen ist
  wohl möglich; energiesparsamer ist jedoch ein fester Rhythmus. Die
  gleichen Programme können dabei unverändert verwendet werden; der Aufwand
  vermindert sich. Wenn darüber hinaus verschiedene Rhythmen untereinander
  ganzzahlige Verhältnisse besitzen, sind auch die Unregelmäßigkeiten und der
  Energieverlust bei der Überlagerung verschiedener Rhythmen geringer; eine
  Hierarchie von Rhythmen mit ganzzahligem Verhältnis untereinander wird
  sich einstellen. Natürliche Umweltrhythmen wie Tag und Jahr werden überlagert
  durch kulturelle Rhythmen wie Wochen und Semester. Wenn die Umweltrhythmen
  durch innere Rhythmen vorweggenommen werden, werden Verzögerungsverluste
  vermindert. Wie im menschlichen Organismus geordnete Rhythmen Gesundheit,
  das heißt relativ höchstmögliche Ordnung anzeigen und das Wohlbefinden
  fördern, so wird in einem Institut ein relatives Wohlbefinden eintreten,
  wenn die Arbeiten zur Ordnungserhaltung, zum Beispiel die Besprechungen,
  in Tages-, Wochen- oder Monatsrhythmen ablaufen. Im Lauf der Zeit werden sich
  die Rhythmen von selbst einstellen; aus Geräuschen entsteht Musik. Ein
  Taktgeber kann die Präzision steigern, wie ein Dirigent die Präzision des
  Orchesterspiels - falls Konkurrenzdruck hierzu zwingt. - Allerdings:
  Rhythmen bringen auch die Gefahr unerwünschter Resonanzeffekte, wie beim
  Tragen voller Wassereimer mit gleichmäßigem Schritt.    | 
 
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   Innovation  zur Eroberung neuer Lebensmöglichkeiten    | 
  
   Wie die Mutationen im Lauf
  der Evolution zur Eroberung neuer >ökologischer
  Nischen führen können, so die Innovationen innerhalb einer
  Disziplin. In einer Phase des Wachstums, vergleichbar der Besiedlung einer
  trockengefallenen Schlammbank durch Pflanzen - wird die Zahl der überlebenden
  Innovationen größer sein als in einer Phase des Gleichgewichts, in der sie
  meist schon im Ansatz wegselektiert werden wie die Buchenkeimlinge in einem
  alten Buchenwald. Wenn also viele Studenten eine Ausbildungsstätte passieren
  und nach Abschluß des Studiums keine Arbeitsstellen finden, ist es günstig,
  die Themenwahl für Studienarbeiten und damit die individuellen Spezialisierungen
  der Studenten nicht allzusehr einzuengen. In einer solchen Grundsituation
  müßte jede neue Verknüpfungsmasche mit anderen Initiativen begrüßt werden.
  So können neue Maschengebilde entstehen, deren Eigenschaften man vorher
  nur global, nicht im einzelnen voraussagen konnte; Unordnung wackelt sich zur
  Ordnung zurecht, wie Erbsen im Glas, das man schüttelt. "Man kann
  ja mit bestem Willen nicht verhindern, daß die Leute was lernen ..."
  (Sukopp)    | 
 
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   Spiel um die Existenz wird von Gefühlen begleitet.            | 
  
   In der Ansammlung und
  Erhaltung von Information über seine Umwelt und im Ausprobieren von neuem
  Verhalten wird das Institut ein "Spiel um seine Existenz" spielen
  (vgl. Eigen/Winkler 1975), wobei der Ausgang nicht vollständig vorhergesagt
  werden kann. Immer wird das Spiel von Gefühlswerten begleitet sein. Die Angehörigen
  eines Instituts hängen ein Stück ihres Herzens dran; jedes Ding, jeder Raum
  hat für jeden eine besondere Bedeutung. Um den Preis des gemeinsamen
  Leidens und Kämpfens in der Umwelt werden die gemeinsamen Räume eines Instituts
  zu einem gewissen Zuhause; Farben und Formen, Werkstoffe und Beschriftungen
  stimmen sich gegenseitig ab; feine Rückkopplungsnetze weben sich zwischen
  die Dinge; sie zeigen: "Wir gehören zusammen"; ein Stil
  bildet sich.  | 
 
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   Blackburn, Th. R.: Information      and the ecology of scholars.      Science 181, 1973, S.
  1141-1146   Dancoff, S.; Quastler, H.: The
  information content and error rate of living things.  In: Quastler, H.(Hrsg.):
  Information theory in biology,  S. 262-273. Urbana: Univ.
  Illinois Press 1953   Eigen, M.; Winkler, R.: Das Spiel.
       München, Zürich: Piper 1975   Odum, E. E.: The emergence of ecology as a new
  integrative discipline.      Science 195, 1977, S.
  1289-1293   Wesley, J. P.: Ecophysics.      Springfield (Illinois):
  Thomas 1974    | 
 
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   Begriffe, wie sie hier verwendet
  werden  | 
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   Ausbeutung = Abzug von Energie oder Stoffen
  aus einem >dissipativen System durch ein anderes   Biomasse = Masse aller lebenden
  Individuen einer >Population oder eines ganzen >Ökosystems    dissipatives System = energieumsetzendes,
  deshalb gemäß >Entropiesatz Energie zerstreuendes >dynamisches System.
  Ein dynamisches System, das längerfristig in einem dynamischen
  Gleichgewicht bleiben soll, muß mit seiner >Umwelt >Energie
  austauschen.    dynamisches Gleichgewicht = ein in gewissen Grenzen
  (z.B. abgesehen von geringen Schwankungen) gleichbleibender Zustand eines
  >dynamischen Systems. Beispiele: Ein rund laufender Motor, ein Wasserfall,
  ein gleichmäßig fliegender Vogel.   dynamisches System = >System mit Veränderungen
  in der Zeit   Energie = Fähigkeit eines dynamischen
  Systems, Arbeit zu leisten. Einer der Grundbegriffe der Physik   Entropie = wissenschaftliches Maß
  für >Ordnung und Unordnung eines >Systems, oft auch gleichbedeutend
  mit "Unordnung" verwendet.   Entropiesatz = "Zweiter Hauptsatz
  der Thermodynamik", Satz von der Unumkehrbarkeit der Zeit - unter
  gängigen Bedingungen; gleichbedeutend mit der Unmöglichkeit, Ordnung ohne
  Energieeinsatz zu schaffen, insbesondere der Unmöglichkeit, ein
  "Perpetuum mobile" 2. Art zu bauen - eine Maschine, die ohne
  Reibung läuft. Der Entropiesatz wird in verschiedenen Sprichwörtern
  ausgedrückt, z.B.: "Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er
  bricht".   Evolution = Entwicklung, insbesondere
  Entwicklung der >dissipativen (bzw. lebenden) >Systeme auf der Erde in
  gegenseitiger Beeinflussung und unter Veränderung der inneren >Struktur   Gleichgewicht = Zustand eines Systems, das
  sich - in gewissen Grenzen - in der Zeit nicht ändert. Ein statisches Gleichgewicht
  kann ohne Energieumsatz erhalten werden, ein >dynamisches Gleichgewicht
  nur mit Energieumsatz.   Information = Ungewißheit von
  Ereignissen, zum Beispiel von Zuständen eines >dynamischen Systems oder
  von Störungen aus der >Umwelt, gleichzeitig (bis auf das Vorzeichen) aber
  auch das Wissen, das die Ungewißheit aufhebt. Einheit der Information: eine
  Ja/Nein-Entscheidung (Bit).    Komplexität = Vielfalt unterschiedlicher
  Beziehungen in einem >System   Konkurrenz = das Beanspruchen der gleichen
  >Ressource durch zwei oder mehrere lebende Systeme.    lebendes System = (hier) dynamisches,
  >Energie und Stoffe umsetzendes System, das eine langfristige Entwicklung
  zu höherer >Ordnung (>Evolution) zeigt   Modell = Gegenstand, der mit einem
  anderen Gegenstand - dem "Urbild" des Modells - Eigenschaften
  oder Beziehungen gemeinsam hat. Kann zur Energie-Einsparung beim Erproben
  von Verhalten in der >Umwelt benutzt werden.    Mulchen = Abdecken des Bodens mit
  pflanzlichem Material. Fördert das Bodenleben, hält den Boden feucht und
  locker.   Mutation = Erschließen von
  Möglichkeiten durch kleinste Veränderungen, insbesondere in der >Evolution   Nische, ökologische = der Bereich des Überlebens
  einer Organismenart, allgemein eines >lebenden >Systems in einem
  gedachten >Möglichkeitenraum. Entspricht der "Marktlücke" in
  ökonomischer Sprechweise.   Ökologie = Wissenschaft von den Wechselwirkungen,
  insbesondere dem Stoff- und Energieaustausch lebender, allgemein
  >dissipativer >Systeme mit ihrer >Umwelt, verallgemeinert Wissenschaft
  von den >Ökosystemen   ökologische Nische = der Bereich des Überlebens
  einer Organismenart, allgemein eines >lebenden Systems in einem
  gedachten Möglichkeitenraum. Entspricht der "Marktlücke" in ökonomischer
  Sprechweise.   Ökosystem = Wirkungsgefüge aus Lebewesen,
  unbelebten natürlichen sowie ggf. auch technischen Bestandteilen, die
  untereinander und mit ihrer >Umwelt in Wechselwirkung stehen, insbesondere
  >Energie und Stoffe austauschen.    Ordnung = Eigenschaft eines
  >Systems, das ein Teilsystem enthält, das als >Modell für ein anderes
  Teilsystem dienen kann, weil es >Information über dieses andere
  Teilsystem enthält. Gleichbedeutend: Negative >Entropie, Redundanz.
  Gegensatz: Unordnung, >Entropie.   Population = Gesamtheit aller
  Individuen einer Art in einem bestimmten Raum bzw. >Ökosystem   Ressourcen = Energie, Rohstoffe, Boden
  und andere Grundlagen für die Existenz eines lebenden Systems, insbesondere
  menschlicher Gesellschaften.    Selektion = Auslese, Vernichtung von
  Möglichkeiten, insbesondere in der >Evolution. Gegensatz: >Mutation   Symbiose = Zusammenwirken zwischen
  zwei oder mehreren lebenden, allgemein >dissipativen >Systemen zu gegenseitigem
  Vorteil - meist als gegenseitiger Austausch von Stoffen und Energien darstellbar.
     System = Gesamtheit von Elementen,
  die untereinander, bei offenen Systemen auch mit ihrer >Umwelt, in
  Beziehung stehen.    System, technisches = planmäßig hergestellter Gegenstand:
  Bauten, Leitungsnetze, Geräte, Maschinen, Automaten, Roboter, auch Computerprogramme   Technomasse = Gesamtmasse aller funktionierenden
  technisch-kulturellen Systeme einer bestimmten Art oder eines bestimmten
  >Ökosystems   Umwelt = Im allgemeinen Sinn = Gesamtheit
  aller Systeme, die mit einem bestimmten System in Beziehung stehen. Im
  engeren Sinn = die Gesamtheit der natürlichen Systeme, die mit der menschlichen
  Zivilisation in Beziehung stehen, also Gestein und Boden, Gewässer, Lufthülle,
  Pflanzen- und Tierwelt.    Wirkungsgrad = Verhältnis von Erfolg zu
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