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Ist Krieg ein
Naturgesetz? |
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Öko-Text |
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Stand 5.9.2001 (1990) |
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2. Angriff und Verteidigung; physische Konflikte
mit Existenzrisiko |
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3. Grundmuster
der Argumentation und Suche nach Alternativen |
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Begriffe: Anklicken der im Haupttext
mit ">" markierten Begriffe führt zur Erläuterung. Nochmaliges
Anklicken des Begriffs bei der Erläuterung führt zurück zur Lesestelle. |
Krieg als "Naturgesetz"? |
"Der Krieg ist der Vater
aller Dinge" sagte Heraklit, "Krieg ist kein Naturgesetz"
dagegen Gustav Heinemann. Wer hat recht? Ist Krieg ein "Naturgesetz"
oder nicht? Hier soll versucht werden, diese Frage mit allgemeinen ökologischen
Überlegungen zu bearbeiten. |
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1. Lebende Systeme in einer begrenzten Umwelt: Wachstum und
Konkurrenz; Grenzsicherung
und Infiltration |
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Lebende Systeme setzen Energie um - in einer begrenzten Umwelt |
Nehmen wir an, daß ein Lebewesen,
allgemein ein >lebendes >System, unter anderem dadurch definiert ist, daß es >Energie
benötigt, um seine innere Ordnung zu erhalten und an seine Nachkommen zu
vererben. Nehmen wir weiter als äußere Rahmenbedingung an, daß der Energiestrom,
den die Erde von der Sonne erhält, sehr groß, aber nicht unendlich groß ist
und daß er auch nicht wächst, sondern im wesentlichen gleichbleibt. Nehmen
wir zugleich an, daß die Erde nicht wächst und ihre Stoffvorräte begrenzt
sind. |
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Bauen wir unser Gedankenmodell
weiter: Nehmen wir an, daß sich zunächst alle Lebewesen in gleichbleibendem
Umfang aus dem gleichen Energiestrom ernähren, daß keines die anderen
überflügeln, keines den anderen Energie und Stoffe wegnehmen will, jedes
also "redlich bei dem seinen bleibt". |
"Mutationen" in Bauplan oder Programm |
Schon jetzt könnte man zwischenfragen:
Wie konnte überhaupt eine solche ausgewogene Welt von Lebewesen entstehen,
wenn vorher kein Leben vorhanden war; irgendwann mußte doch die gleichmäßige
Welt aus einer ungleichmäßigeren Welt gewachsen sein? - Lassen wir
zunächst diese Frage offen und stellen wir uns vor, was passieren würde,
wenn zufällig eine kleine Änderung - eine >"Mutation"
im Bauplan oder Programm eines dieser "friedlichen, redlichen, bescheidenen"
Lebewesen auftreten würde, so daß es nicht mehr mit seinem gleichbleibenden
Anteil aus dem Energiestrom zufrieden ist. Dieses Lebewesen würde nicht nur
seinen Bestand erhalten oder sich in gleichbleibender Zahl fortpflanzen,
sondern würde wachsen oder sich vermehren, und seine Sprößlinge oder Nachkommen
ebenfalls und so fort. Die anderen Lebewesen würden gleichbleiben; das wachstums-
und vermehrungsbereite Lebewesen würde sie überflügeln und schließlich
ganz von den Energie- und Stoffquellen verdrängen. |
lebende Systeme auf Wachstum oder Vermehrung hin angelegt |
Das heißt: Eine Welt aus Lebewesen,
die alle einen gleichbleibenden Teil aus einem Energiestrom entnehmen,
wäre nicht stabil, wenn nur eine gelegentliche, zufällige, kleine Änderung
in Richtung auf Wachstumsfähigkeit angenommen werden könnte. Durch eine
einzige wachstums- oder vermehrungsfähige und -willige
Mutante würde die vorher gleichmäßige Welt in ein neues >Gleichgewicht gekippt. Dies ist auch das Argument
dafür, daß eine solche gleichmäßige Welt gar nicht erst hätte entstehen können.
In der Tat gibt es keine Art von Lebewesen auf der Erde, die auf Wachstums-
oder Vermehrungsbereitschaft verzichtet, die also darauf verzichtet,
Lebensmöglichkeiten, die sich ihr auftun, durch ein Mehrfaches an Sprößlingen
oder Nachkommen zu besetzen - keine einzige! Alle sind auf Wachstum
oder Vermehrung hin angelegt, ob Mikroorganismen, Pflanzen, Tiere
oder Menschen. Sie alle würden sich, wenn sie nicht von ihrer >Umwelt,
vor allem durch Nahrungsmangel daran gehindert würden, über alle Grenzen
vermehren. Nur weil die Erde begrenzt ist und weil alle anderen Lebewesen
die gleiche Tendenz haben, vermehrt sich keine Art Lebewesen auf Dauer, sondern
höchstens in begrenzten Zeiträumen, die dann wieder in Zeiten eines
gleichbleibenden oder um einen Mittelwert pendelnden Bestandes einmünden.
Da für die bisherige Argumentation nur Energie- und Stoffbedarf in begrenzter
Umwelt, außerdem kleine Mutationen angenommen wurden, läßt sich das
bisher Gesagte auf alle lebenden Systeme verallgemeinern, etwa auch auf
Systeme, die selbst aus Lebewesen zusammengesetzt sind, oder aus Lebewesen
und >technischen Systemen
gleichzeitig. |
grundsätzliche Konkurrenz in einem begrenzten Energiestrom |
Wenn jede Art von lebenden
Systemen auf Wachstum oder Vermehrung hin angelegt ist, der nährende Energiestrom
und die Stoffvorräte aber begrenzt sind, so ist grundsätzlich eine >Konkurrenz
zwischen den lebenden Wesen gegeben. Der Anteil am Energiestrom, den jedes
einzelne der Systeme für sich und seine Nachkommen beansprucht, käme als
Lebensgrundlage für mindestens ein anderes System in Frage. Dieses würde
die Chancen für sich und seine eigenen Nachkommen steigern, wenn es sich
auch in diesen Anteil des Energiestroms hinein ausbreiten könnte. Umgekehrt:
Jedes lebende System beschneidet durch seine bloße Existenz die Überlebens-,
Wachstums- und Fortpflanzungschancen zumindest der Nachkommen eines
anderen lebenden Systems. Schon in so allgemeiner Betrachtung ist das Leben
doppelgesichtig, "ambivalent"; zugespitzt ausgedrückt:
"Leben ist Kindermord". Das gilt schon für die "friedlichen"
Pflanzen. Unter jedem Baum verkümmern und verdorren andere Pflanzen - sogar
Sämlinge, die er selber ausgestreut hat. Ohne den Blick auf die grundsätzliche
Konkurrenz, die eingebaut ist in das Leben auf einem begrenzten Planeten,
allgemein in einer begrenzten ">Ökosphäre"
(einem Raum, in dem lebende Systeme existieren können), wäre die Diskussion
um Krieg von vorneherein schief. |
Grenzsicherung |
Bisher haben wir noch eine
Welt aus lebenden Systemen angenommen, die in "friedlichem
Wettbewerb" miteinander leben. Keines kümmert sich um das andere; alle
wachsen eifrig nach außen und innen vor sich hin; bisweilen überwuchert und
verdrängt eines ein anderes. Nehmen wir nun wieder eine Mutation an, nämlich
ein lebendes System, das entdeckt, daß es das Wachstum seiner Konkurrenten
aktiv bremsen oder aufhalten kann, etwa durch die Sicherung der Grenzen
eines >Territoriums. In
diesem Territorium würde es den verfügbaren Energiestrom für sich selbst
beanspruchen und die Konkurrenten daran hindern, sich in den gleichen Energiestrom
hinein auszubreiten. Ein solches System müßte vermutlich für eine solche
Leistung der Grenzsicherung eine höhere >Komplexität,
also mehr innere Beziehungen besitzen als ein System, das nur wachsen oder
sich vermehren kann. Jedes System, das aber eine für die Sicherung von
Grenzen ausreichende Komplexität besitzt, müßte diese Möglichkeit nutzen,
weil es sonst gegenüber seinen Konkurrenten benachteiligt wäre und auf
Dauer seine Existenz gefährden würde. |
Infiltration |
Umgekehrt müßte ein System
Überlebens- und Fortpflanzungsvorteile gewinnen können, das Wege findet,
die Grenzen der Territorien seiner Konkurrenten dennoch zu durchbrechen
und sich dorthinein - etwa durch >Infiltration
in kleinen Schritten - auszubreiten - soweit der Energiegewinn dabei größer
ist als die Energiekosten. Auch diese Fähigkeit müßte sich also ausbreiten,
ähnlich wie die Fähigkeiten zu Wachstum und zu Grenzsicherung. |
Symmetriebrüche |
Daß allerdings zwei oder
mehrere konkurrierende Systeme ihre Fähigkeiten zu Grenzsicherung und
Infiltration symmetrisch entwickeln, ist unwahrscheinlich. Wenn eines
der Systeme in irgendeinem Bereich (räumlich, aber auch allgemein gedacht)
eine zufällige Schwäche zeigt, dürfte ein Konkurrent am ehesten gerade
diese Schwachstelle bei der Infiltration nutzen. Umgekehrt dürfte sich im
allgemeinen nicht gerade ein durch Infiltration des Konkurrenten belasteter,
sondern ein relativ ungestörter Bereich so entwickeln können, daß von dort
aus infiltriert werden kann. Asymmetrien zwischen Schwächen und
Stärken dürften sich also zumindest teilweise gegenseitig aufschaukeln.
Außerdem würde ein lebendes System, das etwa bei der Grenzsicherung eine
besondere Stärke entwickelt hat, im allgemeinen nicht gleichzeitig die
Infiltration zu besonderer Stärke entwikeln, da damit der Wirkungsgrad
des Energie-Einsatzes auf beiden konkurrierenden Gebieten gesenkt würde. |
physische
Konflikte mit Existenzrisiko |
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Bekämpfung der Konkurrenten und Verteidigung |
Was hier zur Grenzsicherung gegen
Wachstum und Vermehrung der Konkurrenten, umgekehrt zur Infiltration in
deren Territorium und damit in deren Energiestrom gesagt wurde, müßte sich
auf einer höheren Stufe der Komplexität in ähnlicher Weise darstellen lassen:
Nehmen wir wieder eine Mutation an, nämlich ein lebendes System, das
seine Konkurrenten durch sein Verhalten unmittelbar bekämpfen kann, das
also ihre Überlebens- und Vermehrungschancen durch unmittelbare
Einwirkung, nicht nur durch Grenzsicherung, vermindern kann. Auch damit würde
es seinen eigenen Anteil am gemeinsamen Energiestrom vergrößern. Wenn
die damit verbundenen Energiekosten geringer sind als der damit verbundene
Energiegewinn, dann hätte eine solches System vergrößerte Überlebens-
und Vermehrungschancen; eine Anlage für ein derartiges Verhalten würde
sich also so lange ausbreiten, bis im Grundsatz alle lebenden Systeme
einer Mindestkomplexität eine gewisse Bereitschaft zur Bekämpfung der
Konkurrenten besitzen, ähnlich wie die Bereitschaft zu Wachstum, Vermehrung,
Grenzsicherung und Infiltration. Ähnliches würde für die Bereitschaft
zur Verteidigung gelten, also für ein Verhalten, das wiederum feindliches
Verhalten der Konkurrenten in seiner Wirksamkeit aufheben soll. |
"Aufrüstung" bei unterschiedlichen Grundstrategien |
Insgesamt würde sich eine Tendenz
zu einer Art "Aufrüstung" ergeben, bis die lebenden Systeme
einer bestimmten Mindestkomplexität einen gewissen Prozentsatz ihrer gesamten
Lebensenergie für die Bekämpfung ihrer Konkurrenten und für die Verteidigung
aufwenden. Wie hoch dieser Prozentsatz und welcher Art das entsprechende
Verhalten im Einzelfall ist, hinge vom Energiehaushalt in der jeweiligen
Situation ab; es wäre denkbar, daß bestimmte lebende Systeme auch höherer
Komplexität im Extremfall auf Bekämpfung der Konkurrenten oder auch auf
Verteidigung weitgehend verzichten, wenn die >Strategie
lohnender ist, die gesamte Lebensenergie für anderes, zum Beispiel für
Wachstum oder Vermehrung aufzuwenden. Der allgemeine Fall wäre eine Mischung,
bei der Wachstum und Vermehrung, Grenzsicherung und Infiltration, Bekämpfung
der Konkurrenten und Verteidigung im Wechsel oder in Kombination eingesetzt
werden. Die Grenzen der Kombinationsmöglichkeit wären durch die Grundstrategie
des betreffenden lebenden Systems abgesteckt und die Entstehung unterschiedlicher
Grundstrategien wäre analog zu denken wie die Entstehung der Asymmetrie
bei Grenzsicherung und Infiltration. Jede der auf der jeweiligen Stufe
der Komplexität möglichen Verhaltensformen gegenüber den Konkurrenten
würde jedoch von mindestens einem der in einem Konkurrenzfeld beteiligten
Systeme abgedeckt. Unwahrscheinlich wäre, daß etwa die "böse"
Mutation aktiv feindseligen Verhaltens gegenüber Konkurrenten - die ihrem
Träger dann auch Überlebens- und Vermehrungsvorteile bringt - auf Dauer
nicht auftritt. |
Symbiose umfassende Symbiose nicht stabil |
Die grundsätzliche
"Aufrüstung" zwischen den lebenden Systemen in einem begrenzten
Energiestrom wäre nicht aufgehoben, wenn man annimmt, daß lebende Systeme mit
anderen lebenden Systemen oder auch mit technischen Systemen zusammenarbeiten,
um zu wachsen, sich zu vermehren, Konkurrenten zu bekämpfen oder sich zu
verteidigen. Solange die Energiekosten für eine solche Zusammenarbeit
oder ">Symbiose" bei den Lebensabläufen geringer
sind als die Energieeinsparung, würde sich die Bereitschaft zu solcher Symbiose
durchsetzen. Da aber alle Lebewesen und alle technischen Systeme, mit
denen ein Lebewesen in Symbiose leben kann, selbst Energie verbrauchen,
müßten sie im Prinzip dann ebenfalls zu Konkurrenten werden, wenn der Symbiosezweck
wegfällt, etwa wenn der gemeinsame Konkurrent, gegen den sich die Zusammenarbeit
gelohnt hat, ausgeschaltet ist. Auch das Auftreten von Zusammenarbeit und
Symbiose würde die grundsätzliche Konkurrenzsituation im begrenzten Energiestrom nicht beseitigen; sie würde nur stabile
>Ambivalenz erzeugen. Eine allgemein
friedliche Zusammenarbeit aller lebenden Systeme, eine umfassende
Symbiose, wäre so wenig stabil wie eine Welt ohne Wachstumsbereitschaft. |
Angriff aus Notwehr |
Nehmen wir nun zwei konkurrierende
lebende Systeme an, von denen eines eine größere Wachstums- bzw. Infiltrationsfähigkeit
hat als das andere, die aber in allen sonstigen Außenbeziehungen gleich
sind. Über kurz oder lang würde das unterlegene System aus dem Energiestrom
gedrängt und ausgehungert werden. Vorher käme es aber vor die Entscheidung,
sich aushungern zu lassen oder zu versuchen, durch einen rechtzeitigen Angriff
auf das in Wachstum oder Infiltration überlegene System seine eigenen
Überlebenschancen zu verbessern, eventuell sogar den existenzbedrohenden
Konkurrenten zu vernichten. Im allgemeinen würde es das Letztere, also
eine Art "Notwehr" wählen - oder eben ausgehungert werden und
damit seine Chance verlieren, seine - friedlichen - Anlagen an seine Nachkommen
weiterzugeben. Wenn aber lebende Systeme zu Wachstum oder Vermehrung
bereit sind und Systeme einer bestimmten Mindestkomplexität zu einem
Angriff auf ein konkurrierendes System - dann müßte ein solcher Angriff
eines lebenden Systems auf ein anderes aus Überlebenszwängen heraus auch
dann immer wieder eintreten, wenn sich das wachstums- und infiltrationsstärkere
System nicht aggressiv verhält. |
physische Konflikte mit Existenzrisiko: Kämpfe und Kriege |
Diese Überlegungen gelten für
alle lebenden Systeme über einer bestimmten Mindestkomplexität; sie bilden
den Rahmen einer ökologischen Erklärung für das Auftreten von Kämpfen
und >Kriegen, allgemein den >physischen
Austrag von >Konflikten zwischen konkurrierenden
lebenden Systemen, die das Risiko der Existenzvernichtung für eines der
Systeme in sich tragen. |
Energiestau für einen Angriff; Rhythmus des Konfliktaustrags |
Ein durch Wachstum und Infiltration
seines Konkurrenten in seiner Existenz bedrohtes lebendes System würde im
allgemeinen wohl nicht dauernd angreifen, sondern zunächst >Ressourcen,
insbesondere Energie sammeln, um dann plötzlich und überraschend mit höchstmöglichem
Wirkungsgrad loszuschlagen. Es würde spätestens dann angreifen, wenn die
Energie, die ihm durch das wachstums- und infiltrationsstärkere System entzogen
wird, größer ist als die Energie, die es in der gleichen Zeit für einen Angriff
sammeln könnte. Wenn man eine endliche Geschwindigkeit für Wachstum und
Infiltration, gleichzeitig für die Vorbereitung eines Angriffs annimmt,
müßte dieser Mechanismus der Energiesammlung und -entladung zu einem mehr
oder weniger rhythmischen Auftreten von physischem Konfliktaustrag
zwischen konkurrierenden lebenden Systemen führen. |
Patt aus Erschöpfung nicht stabil |
Warum kann nicht der Fall
angenommen werden, daß lebende Systeme keine oder kaum Energie speichern
können, weil sie alle aufgenommene Energie sogleich umsetzen müssen, um in
ihrer Umwelt zu überleben? Dann wäre auch kein Energievorrat für einen Angriff
anzusammeln. Ein solcher Fall wäre eventuell in einem Bereich nahe einem >dynamischen
Gleichgewicht der gesamten Ökosphäre denkbar (einem relativen ">Klimaxstadium"
der >Evolution). In einem solchen Bereich würden kleine,
zufällige Veränderungen an irgendeiner Stelle nahezu nie zu einer
Selbstverstärkung führen, sondern fast stets zu einer Selbstbremsung.
Praktisch jede Ansammlung von Energie würde dann Einflüsse aus der lokalen
Umwelt bewirken, die dahin wirken, die Ansammlung wieder aufzulösen. Ein
solcher Gleichgewichtszustand wäre einem ">Patt" zu
vergleichen. In allen Bereichen außerhalb des dynamischen Gleichgewichts
wäre es dagegen unwahrscheinlich, daß keinerlei Ansammlung von Energie
stattfindet und ein entsprechendes Patt entsteht. Jede minimale
Verzögerung im Fluß der Energie durch ein >dynamisches System
würde lokale Ansammlungen von Energie schaffen. Systeme, die so organisiert
sind, solche zunächst kleinen, zufälligen Energieansammlungen nutzen zu
können, um ihre Umwelt zeitlich konzentrierter, durchschlagender, damit letztlich
energiesparsamer zu verändern, müßten Überlebensvorteile haben gegenüber
anderen Systemen, die diese Energieansammlungen nicht nutzen können. Es
wird sich also die Fähigkeit, Energie zu sammeln, um sie bei Bedarf im Kampf
oder auch zu sonstigen Leistungen in der Umwelt konzentriert einsetzen zu
können, im Lauf der Zeit herausbilden. Ein Patt aus Mangel an Energie zum
Losschlagen, ein "Patt aus Erschöpfung" wäre nicht auf
Dauer stabil. |
defensives Patt nicht stabil |
Man könnte auch fragen, ob
nicht an irgendeinem Punkt der Entwicklung die Verteidigung endgültig stärker
werden könnte als der Angriff, so daß zwar nicht die Bereitschaft, jedoch
die Wahrscheinlichkeit zu physischem Konfliktaustrag verschwindet. Ein
solches "defensives Patt" würde voraussetzen, daß die Entwicklung
der Verteidigungssysteme der Entwicklung der Angriffssysteme irgendwann
einmal "entkommen" könnte. Wenn aber beide Entwicklungen von
Existenzzwängen getragen sind und echter Luxus auch hier unwahrscheinlich
ist, dann müßte der Abstand zwischen beiden stets gering sein. Systeme mit
luxuriöser Verteidigung müßten anderweitig, zum Beispiel bei der Wachstumsfähigkeit,
Konkurrenznachteile und damit Existenzrisiken herausfordern. Selbst wenn
man voraussetzt, daß auf einer bestimmten Stufe der Komplexität in einem
Konkurrenzfeld die Verteidigungssysteme eindeutig stärker sind als die Angriffssysteme,
so könnte dies schon auf der nächsten Stufe der Komplexität anders aussehen.
Daß aber die Entwicklung zur nächsten Stufe der Komplexität unterlassen
wird, wäre erst im (relativen) Klimaxstadium der Evolution wahrscheinlich.
Ein defensives Patt wäre also auf Dauer so wenig stabil wie ein Patt aus Erschöpfung.
Und ähnlich wie die Fähigkeiten zu Grenzsicherung und Infiltration in einem
Konkurrenzfeld eher asymmetrisch als symmetrisch verteilt zu erwarten
wären, so auch die Fähigkeiten zu Angriff und Verteidigung. Ein Konkurrenzfeld
würde sich in defensivere und aggressivere
Systeme polarisieren. Hierbei dürften die wachstums- und infiltrationsschwächeren
Systeme im allgemeinen mehr zur >Aggressivität
neigen als die wachstums- und infiltrationsstärkeren, weil sie eher
darauf angewiesen wären, um ihre Existenz zu erhalten. |
Bluff begründet kein stabiles Patt |
Man könnte schließlich fragen,
ob nicht lebende Systeme nur den Eindruck von Konfliktbereitschaft aufrechterhalten,
jedoch die tatsächliche Fähigkeit und Bereitschaft zum physischen Konfliktaustrag
abbauen könnten - sich also auf Bluff verlegen könnten. Aber auch das
wäre auf Dauer nicht geeignet, den physischen Austrag von Konflikten zu
verhindern, da eine kleine Mutation beim Konkurrenten in Richtung zu einer
höheren Aggressivität schließlich den Bluff entlarven und das bluffende
System in seiner Existenz gefährden würde. Bluff könnte sich deshalb nur entweder
zeitweise oder in Teilbereichen ausbreiten. |
3. Grundmuster der Argumentation und Suche
nach Alternativen |
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zugrundeglegtes Grundmuster ... |
Die bisherige Argumentation
zeigt ein bestimmtes Grundmuster: Lebende Systeme konkurrieren in einem
begrenzten Energiestrom. Eines der Systeme gelangt durch eine zufällige
kleine Änderung, eine Mutation, zu einer neuen Eigenschaft, die für die
Beziehung zu den Konkurrenten von Bedeutung ist (bisher erwähnt wurden die
Fähigkeiten zu Wachstum und Vermehrung, Grenzsicherung, Infiltration,
Angriff und Verteidigung). Solche Eigenschaften erhöhen die Wahrscheinlichkeit, im Konkurrenzfeld
auf Dauer zu überleben; Systeme mit solchen Eigenschaften werden sich
gegenüber sonst gleichen Konkurrenten durchsetzen, sie eventuell völlig
verdrängen. Nachdem einmal eine solche Eigenschaft aufgetreten ist, ist
ihre Rückbildung überlebensgefährdend und damit unwahrscheinlich. Da immer
wieder neue, für die Konkurrenz bedeutsame Mutationen auftreten, solange
die Evolution noch zu keinem dynamischen Gleichgewicht gelangt ist, werden
relative Pattsituationen immer wieder aufs neue durchbrochen. Immer
wieder kommt auf höherer Stufe der Komplexität für die beteiligten Systeme
einerseits die "Totalprämie" der Vernichtung des Konkurrenten
ins Spiel, andererseits das Risiko, selbst vernichtet zu werden. |
... evolutionsinvariant |
Weil dieses Grundmuster der
Argumentation oberhalb einer Mindestkomplexität von der Komplexität der betreffenden
Systeme und den speziellen konkurrenzbedeutsamen Eigenschaften unabhängig
ist, müßte man es auch auf Stufen beliebig höherer Komplexität anwenden
können; es wäre ">evolutionsinvariant". Eigenschaften und Strukturen lebender
Systeme auf höheren Stufen der Komplexität, die hier nicht im einzelnen
besprochen werden sollen, wären etwa: Wechsel zwischen und Kombinationen von
Angriff und Verteidigung; neuartige Formen der Verteidigung, zum Beispiel
soziale Verteidigung; neuartige Formen des Angriffs, zum Beispiel mit
Mikrorobotern oder Virensoftware, >Modellbildung über das konkurrierende
System, über die sonstige Umwelt und über die Konkurrenzsituation;
Strategiebildung, Verträge und Konventionen, Vermittlersysteme. Auch in
Konkurrenzfeldern mit derartig komplex organisierten Systemen könnten
relative dynamische Gleichgewichte, relative Pattsituationen mit der Zeit
doch aufgebrochen werden durch Mutationen in den beteiligten Systemen oder
in der Umwelt. Befremdlich könnte hier wirken, daß auch höhere Arten von
Einigung, etwa Verträge, sogar gemeinsam unterhaltene neutrale Systeme,
deren Aufgabe die Friedenssicherung ist, nichts an dem grundsätzlichen Argumentationsmuster
ändern könnten. Immer könnte ein lebendes System parallel zur Entwicklung
von Sicherungssystemen bei seinen Konkurrenten schleichend Systeme
entwickeln, die mit der Zeit alle bisherigen Sicherungen außer Kraft setzen.
Immer wieder würden Pattsituationen zerbröckeln, gäbe es im Lauf der Zeit
Löcher und Ritzen, durch die die "Totalprämie" der Vernichtung
des Konkurrenten, gleichzeitig die Gefahr der eigenen Vernichtung
eindringen können. |
Alternativen ... |
Wo wären vor dem Hintergrund
dieses Argumentationsmusters allgemeine Alternativen zu suchen,
die eine Abschaffung eines physischen Konfliktaustrages möglich oder wahrscheinlich
machen? |
... müßten die Voraus- setzungen infragestellen |
Hinreichende Voraussetzungen
für die bisherigen Überlegungen waren: - Begrenztheit des Energiestroms und der Stoffressourcen, - Auftreten von zufälligen, unvorhersagbaren Mutationen, - Energieumsatz lebender Systeme. Alternative Annahmen hierzu
wären eine offene Ökosphäre, die Möglichkeit zufallsfreier Bereiche,
schließlich ein anderer Energie- und damit Zeitbegriff. Diesen Alternativen
soll im folgenden skizzenhaft nachgegangen werden. |
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Wachstum nach außen mildert Konkurrenz |
In einer unbegrenzt
wachsenden Ökosphäre wäre die Konkurrenz zumindest gemildert. Solange
wachsend mehr Energien und Stoffe verfügbar sind, bestünde kein unmittelbarer
Anlaß für lebende Systeme, anderen lebenden Systemen Energie und Stoffe
streitig zu machen. Konflikte mit anderen Systemen wären weitgehend
überflüssig; lebende Systeme könnten Teilsysteme abbauen, die sich mit
anderem als Wachstum beschäftigen. Allerdings könnte Konkurrenz und damit
Anlaß zu Konflikten entstehen, wenn bestimmte Systeme schneller wachsen als
andere und damit auch in den wachsenden Energiestrom, den
"Energiekeil" hineinwachsen, den die weniger schnell wachstumsfähigen
Systeme beanspruchen könnten. Da aber eine unendlich wachsende Ökosphäre
schwer vorstellbar ist, wäre auch die Möglichkeit, damit physische
Konflikte zwischen lebenden Systemen überflüssig zu machen, letztlich doch
hinfällig. Immerhin läßt sich denken, daß eine vorübergehend wachsende
Ökosphäre vorübergehend auch friedlicher sein kann, entlastet vom Druck in
Richtung auf physischen Konfliktaustrag. Denkbar ist etwa die Erschließung
der immensen Energien, die die Sonne - bisher ungenutzt durch lebende
Systeme - zwischen den Planeten ins All verströmt. Gleichzeitig könnte
man an die Erschließung der Rohstoffe der anderen Planeten denken. Erst wenn
die Rohstoffe der Planeten verbraucht wären oder die gesamte nutzbare
Strahlung rings um die Sonne von >Kollektoren aufgefangen
würde - ähnlich flächendeckend, wie es auf der Erde durch die Pflanzen geschieht
- wäre das Auftreten von physischen Konflikten zwischen lebenden Systemen
im sonnennahen Raum unausweichlich. |
Wachstum nach innen mildert Konkurrenz |
Analog zum Wachstum nach
außen könnte man sich ein unbegrenztes "Wachstum nach innen"
denken. Die Begrenztheit des Energiestromes und der Stoffvorräte wäre
dadurch kompensiert, daß lebende Systeme ihre Energie- und Stoff-Sparsamkeit
unbegrenzt steigern, so daß sie im Grenzfall mit verschwindend wenig Energie
und Stoffen auskommen könnten - bei gleicher Lebensleistung. Eine solche
Steigerung der Sparsamkeit wäre wohl ohne eine entsprechende Strukturverfeinerung
nicht denkbar. Einer Strukturverfeinerung und damit der Möglichkeit, durch
Sparsamkeit physische Konflikte zu vermeiden, wären allerdings durch die
Körnung der Materie Grenzen gesetzt. Erst wenn dargelegt werden könnte, daß
die Materie auch im unteratomaren Bereich unbegrenzte >Informationsspeicherung
und Strukturverfeinerung erlaubt, wären die Grenzen für das
Wachstum nach innen und damit eine Bedingung für das Auftreten physischer
Konflikte beseitigt. |
Arbeit für den Frieden durch ein außerirdisches System |
Die Begrenztheit des Energiestromes
wäre auch durch Eingriffe von außerhalb aufgehoben. Ein außerirdisches
energieumsetzendes System könnte "Arbeit für den Frieden", also
zur Steigerung des Symbioseanteils und zur Senkung des Konkurrenzanteils
auf der Erde - oder zur gezielten Verhinderung physischen Konfliktaustrages
verrichten. Ein solcher "außerirdischer Friedensstifter"
dürfte sich nicht aus dem auf die Erde fallenden Sonnenstrahl und auch
nicht aus den irdischen Stoffressourcen nähren, um nicht selbst als Konkurrent
zu wirken. Allerdings wäre hier zu fragen, wie weit ein energieumsetzendes
System von irgendwoher seinen eigenen Konkurrenten so weit entkommen kann,
daß es sich ordnende Arbeit für eine fremde Ökosphäre leisten kann. Welche
Motivation hätte ein solches System hierzu? |
Frontwechsel durch Bedrohung von außen ... |
Statt eines außerirdischen Friedensstifters
könnte auch ein gemeinsamer außerirdischer Feind, etwa ein Überfall
der "kleinen grünen Männchen" einigend auf das irdische Konkurrenzfeld
wirken. Gegen den gemeinsamen existenzbedrohenden Feind könnte man sich zu
einer umfassenden Symbiose verbinden, die vorherigen Konflikte beiseitestellen.
Damit wäre allerdings der physische Konfliktaustrag nicht aus der Welt geschafft,
sondern nur die Front gewechselt. |
... oder evolutionäres Überholmanöver eines
Symbiosepartners |
Ein ähnlicher Frontwechsel
könnte sich auch dadurch ergeben, daß bisherige Symbiosepartner infolge höherer
Evolutionsgeschwindigkeit zu Konkurrenten werden. Dieser Fall könnte in der
Symbiose zwischen Menschen und Maschinen auftreten. Wenn sich die Maschinen,
allgemein die technischen Systeme so entwickeln, daß sie die Menschen zu
verdrängen drohen, dann wäre eventuell ein gemeinsamer Kampf der Menschheit
gegen die Maschinen zu erwarten - allerdings nur, wenn die Bedrohung
aktuell das Überleben der gesamten menschlichen Bevölkerung in Frage
stellte - und das Modell darüber sich genügend schnell in den Köpfen verbreitete.
Denkbar wäre dann der Weltfriede knapp vor der Ausrottung der Menschheit
durch die Maschinen, die dann die Stafette des Krieges übernehmen würden, da
ja das bisherige Argumentationsmuster auf sie ebenfalls anwendbar wäre. |
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Entropiesatz: zufallsfreie Bereiche nicht möglich |
Wenn man annimmt, daß kleine,
zufällige, das heißt unvorhersagbare Änderungen in Bauplan oder Programm
der beteiligten Systeme oder in ihrer Umwelt möglich sind, dann müßte auch
angenommen werden, daß deren Wahrscheinlichkeit nicht von vorneherein als
Null angesetzt werden kann. Anderenfalls gäbe es eine Gesetzmäßigkeit über
das Nichtauftreten bestimmter Änderungen - und das würde der Voraussetzung
widersprechen, daß die Änderungen zufällig sind. ">Zufall"
bedeutet hier also, daß die Welt im Kleinen nirgends völlig voraussagbar
ist. Dies ist eine allgemeine Formulierung des sogenannten ">Entropiesatzes", eines grundlegenden
Naturgesetzes in einer komplexen Welt, das der Zeit eine Richtung gibt. Nach
diesem Gesetz kann es weder eine absolut reine Substanz, noch einen Körper
im absoluten Nullpunkt der Temperatur, noch einen Informationskanal ohne
jegliches Rauschen, noch eine Maschine ohne Reibung (ein ">Perpetuum
mobile") geben. Wäre der Entropiesatz nicht allgemein
gültig, dann gäbe es Bereiche ohne jeden Zufall, in denen man alle Ereignisse
exakt voraussagen könnte. Dann wäre auch denkbar, daß in solchen Bereichen
bestimmte "bösartige" Mutationen auf Dauer nicht auftreten und
damit eventuell bestimmte Selbstaufschaukelungen und Umkippvorgänge,
zum Beispiel der Ausbruch von Kriegen, vermieden werden könnten. |
Umbau im Fundament der Physik? |
In verbreiteter Anschauung
wird gerne mit dem Argument des "Geistigen" die Möglichkeit zufallsfreier
Bereiche im menschlichen Gehirn postuliert. Die Menschen könnten sich dann
als geistige Wesen darauf einigen, etwa auf Bevölkerungswachstum, auf
Infiltration oder auf Angriff zu verzichten, und könnten sicher sein, daß
keiner der Partner die Einigung durchbricht. Wenn aber der Entropiesatz
allgemein gültig ist, dann dürften solche absolut geordneten Bereiche
auch im menschlichen Gehirn nicht möglich sein. Das Konzept der Einigung
aller Menschen auf Frieden würde also indirekt den Entropiesatz infragestellen
und damit einen Umbau in den Fundamenten heutiger Physik erfordern. |
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alternative Zeitbegriffe? |
Ein solcher Umbau wäre auch noch
an einer anderen Stelle denkbar: Wenn ein lebendes System unter anderem
dadurch definiert wird, daß es Energie umsetzt, wären radikale Alternativen
beim Begriff der Energie selbst und dann bei den damit verknüpften Begriffen
von Raum und Zeit anzusetzen. Mit einem anderen Begriff von Zeit würde alles
relativiert, was über Energie und Energiekonkurrenz gesagt wurde. Man
könnte etwa die Vorstellung einer einheitlichen Zeit aufgeben. Die Zeit, in
der der Entropiesatz gilt, könnte ergänzt werden durch eine andere Zeit, in
der so etwas wie die Abschaffung des Krieges möglich wäre, weil der
Entropiesatz in dieser Zeit nicht mehr gilt. Verschiedene Arten von
"Zeit" würden verschiedene Arten von "Energie" bedeuten,
so daß die Vorstellung eines einheitlichen Energiestromes, in dem lebende
Systeme konkurrieren, und damit die darauf aufbauenden Überlegungen zu
Grenzsicherung, Infiltration, Angriff und Verteidigung hinfällig würden.
Wie sich allerdings mehrere Arten von "Zeit" oder "Energie"
zueinander verhalten, wenn man sie im gleichen Sprach- und Modellzusammenhang
behandeln möchte, das müßte erst im einzelnen dargelegt werden. Außerdem
müßten die Erfahrungen neu gedeutet werden, die eine einheitliche Zeit
zumindest in dem Rahmen nahelegen, in dem es sinnvoll ist, von "Konkurrenz",
"Angriff", "Verteidigung", "physischem Konfliktaustrag"
und ähnlichem zu sprechen. Schließlich ist es denkbar,
die Gleichförmigkeit oder die Gerichtetheit der Zeit in geeigneter Weise aufzugeben,
so daß >Energie-Erhaltungssatz
bzw. Entropiesatz relativiert werden können. Selbst wenn so etwas in extremen
Massenzusammenballungen ("Schwarzen Löchern") physikalisch
plausibel sein sollte, dann sind solche Vorstellungen noch noch nicht ohne
weiteres auf einen Bereich übertragbar, in dem gängigerweise von
"lebenden Systemen" und "Kriegen" gesprochen wird. Auf keinen Fall wäre eine
"kriegsrelevante" Neukonzeption des Zeitbegriffs ein leichtes
Unterfangen; das Fundament der Physik und damit der >Ökologie
müßte um- oder zumindest ausgebaut werden. |
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Die bisherigen Ausführungen lassen
sich zusammenfassen: |
Krieg als "Naturgesetz" |
Lebende Systeme in einer irdischen
Umwelt, allgemein in einer endlichen Ökosphäre mit begrenztem Energiestrom
und begrenzten Stoffressourcen stehen in irgendeiner Weise miteinander in
Konkurrenz. Bei allen lebenden Systemen einer bestimmten Mindestkomplexität,
die mehr vermögen als nur zu wachsen und sich zu vermehren, ist ein
physischer Konfliktaustrag mit dem Risiko der Existenzvernichtung auf
immer neuen Stufen der Komplexität wahrscheinlich. Wenn unbegrenztes
Wachstum möglich wäre, könnte eine wesentliche Voraussetzung für das
Auftreten physischer Konflikte ausgeschaltet werden. Ordnende Eingriffe
von außerhalb einer Ökosphäre könnten den Frieden fördern; der Kampf gegen
einen gemeinsamen außerirdischen Feind oder gegen die zu Konkurrenten werdenden
Maschinen könnte die Frontlinie neu orientieren. Wenn aber die Randbedingung
des begrenzten Energiestroms und keine Eingriffe von außen angenommen werden,
dann wäre das Konzept der Abschaffung physischen Konfliktaustrages mit
der lückenlosen Geltung des Entropiesatzes nicht zu vereinbaren; es wäre
mit dem Projekt eines Perpetuum mobile zu vergleichen. Wenn ein solches
Perpetuum mobile möglich sein soll, müßten die Fundamente der Physik, etwa
der Begriff der Zeit umgebaut werden. Vor dem Hintergrund gängiger Physik
könnte man also in gewissem Sinn den Krieg als "Naturgesetz"
bezeichnen. |
Verschiebung in der Motivation für Friedensarbeit |
Würde ein solches Ergebnis
nicht niederschmetternd auf jede Friedensarbeit wirken? - Ich vermute,
daß Überlegungen wie die in diesem Aufsatz dargestellten eher die
Motivation zu Friedensarbeit läutern könnten. Wenn die Hoffnung auf die
Abschaffung des Krieges zerstört wird, würde sich diese Motivation von der
eines Baumeisters, der in endlicher Zeit "das Haus des Friedens"
bauen möchte, in die Richtung auf die Motivation eines Arztes verschieben,
der weiß, daß er immer wieder dem Tod unterliegen wird, und der dennoch
immer aufs neue gegen ihn antritt. |
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Begriffe - wie sie hier verwendet
werden: |
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Aggression = Angriff Aggressivität = Angriffsbereitschaft Ambivalenz = Doppelgesichtigkeit,
Doppelwertigkeit dynamisches Gleichgewicht = ein in gewissen Grenzen (z.B.
abgesehen von geringen Schwankungen) gleichbleibender Zustand eines >dynamischen
Systems. Beispiele: Ein rund laufender Motor, ein Wasserfall, ein gleichmäßig
fliegender Vogel. dynamisches System = >System mit Veränderungen
in der Zeit Energie = Fähigkeit eines dynamischen
Systems, Arbeit zu leisten. Einer der Grundbegriffe der Physik Energie-Erhaltungssatz = Satz von der Erhaltung der Energie
und damit der Unmöglichkeit eines Perpetuum mobile 1. Art (einer Maschine,
die aus nichts Energie erzeugen kann). Gleichbedeutend mit der Annahme der
Gleichförmigkeit der Zeit. Auch "Erster Hauptsatz der Thermodynamik"
genannt. Entropie = wissenschaftliches Maß
für >Ordnung und Unordnung eines >Systems, oft auch gleichbedeutend
mit "Unordnung" verwendet. Entropiesatz = "Zweiter Hauptsatz
der Thermodynamik", Satz von der Unumkehrbarkeit der Zeit - unter
gängigen Bedingungen; gleichbedeutend mit der Unmöglichkeit, Ordnung
ohne Energieeinsatz zu schaffen, insbesondere der Unmöglichkeit,
ein "Perpetuum mobile" 2. Art zu bauen - eine Maschine, die
ohne Reibung läuft. Der Entropiesatz wird in verschiedenen Sprichwörtern
ausgedrückt, z.B.: "Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er
bricht". Evolution = Entwicklung, insbesondere
Entwicklung der lebenden >Systeme auf der Erde in gegenseitiger
Beeinflussung und unter Veränderung der inneren >Struktur evolutionsinvariant = über lange Zeiten der
>Evolution stabil (z.B. das Zahlenverhältnis der Geschlechter) Gleichgewicht = Zustand eines Systems, das
sich - in gewissen Grenzen - in der Zeit nicht ändert. Ein statisches Gleichgewicht
kann ohne Energieumsatz erhalten werden, ein >dynamisches Gleichgewicht
nur mit Energieumsatz. Hauptsätze der Thermodynamik = >Energie-Erhaltungssatz
und >Entropiesatz. Infiltration = Einsickern von Materialien
in einen Raum oder auch von Menschen in ein fremdes Territorium Information = Ungewißheit von Ereignissen,
zum Beispiel von Zuständen eines >dynamischen Systems oder von Störungen
aus der >Umwelt, gleichzeitig (bis auf das Vorzeichen) aber auch das
Wissen, das die Ungewißheit aufhebt. Einheit der Information: eine
Ja/Nein-Entscheidung (Bit). Klimax = Endzustand einer
Entwicklung im >dynamischen Gleichgewicht, zum Beispiel bei der
natürlichen Bewaldung einer Bodenfläche Koexistenz = Nebeneinander-Existieren
zweier energieumsetzender, insbesondere lebender Systeme Kollektor = Sammler, zum Beispiel für
Sonnenenergie Komplexität = Vielfalt unterschiedlicher
Beziehungen in einem >System Konflikt = Zusammenprall
gegensätzlicher Interessen Konkurrenz = das Beanspruchen der gleichen
>Ressource durch zwei oder mehrere lebende Systeme. Krieg = (hier) physischer Konflikt
zwischen lebenden Systemen mit Existenzrisiko lebendes
System =
(hier) dynamisches, >Energie und Stoffe umsetzendes System, das eine langfristige
Entwicklung zu höherer Ordnung (>Evolution) zeigt Modell = Gegenstand, der mit einem
anderen Gegenstand - dem "Urbild" des Modells - Eigenschaften
oder Beziehungen gemeinsam hat. Kann zur Energie-Einsparung beim Erproben
von Verhalten in der >Umwelt benutzt werden. Mutation = Erschließen von
Möglichkeiten durch kleinste Veränderungen, insbesondere in der >Evolution Ökologie = Wissenschaft von den Wechselwirkungen,
insbesondere dem Stoff- und Energieaustausch lebender, allgemein
energieumsetzender >Systeme mit ihrer >Umwelt, verallgemeinert Wissenschaft
von den >Ökosystemen Ökosphäre = der Raum, in dem sich
Lebewesen aufhalten - verallgemeinert Gesamtheit aller energieumsetzenden
>Systeme mit ihrer stofflichen >Umwelt, die sich aus einem Energiestrom
speisen. Ökosystem = Wirkungsgefüge aus Lebewesen,
unbelebten natürlichen sowie ggf. auch technischen Bestandteilen, die
untereinander und mit ihrer >Umwelt in Wechselwirkung stehen, insbesondere
>Energie und Stoffe austauschen. Patt = Unentschieden durch
gegenseitiges Blockieren Perpetuum mobile = (lat.: "ewig beweglich")
eine Maschine, die entweder Energie aus nichts schafft - Perpetuum
mobile 1. Art, oder ewig ohne Reibung läuft - Perpetuum mobile 2. Art.
Ersteres widerspricht dem >Energie-Erhaltungssatz, zweiteres dem
>Entropiesatz, also den >Hauptsätzen der Thermodynamik. Beide
können demnach - in gängigen Bereichen der Physik - grundsätzlich nicht existieren physisch = körperlich, stofflich Ressourcen = Energie, Rohstoffe, Boden
und andere Grundlagen für die Existenz eines lebenden Systems, insbesondere
menschlicher Gesellschaften. Strategie = ursprünglich Kriegskunst.
Verallgemeinert allgemeine Linie eines lebenden Systems für die Auseinandersetzung
mit seiner >Umwelt. Symbiose = Zusammenwirken zwischen
zwei oder mehreren lebenden, allgemein energieumsetzenden >Systemen zu
gegenseitigem Vorteil - meist als gegenseitiger Austausch von Stoffen und
Energien darstellbar. System = Gesamtheit von Elementen,
die untereinander, bei offenen Systemen auch mit ihrer >Umwelt, in
Beziehung stehen. technisches
System = planmäßig hergestellter Gegenstand: Bauten, Leitungsnetze,
Geräte, Maschinen, Automaten, Roboter, auch Computerprogramme Territorium = Lebensraum einer
>Population von Lebewesen Umwelt = Im allgemeinen Sinn = Gesamtheit
aller Systeme, die mit einem bestimmten System in Beziehung stehen. Im
engeren Sinn = die Gesamtheit der natürlichen Systeme, die mit der menschlichen
Zivilisation in Beziehung stehen, also Gestein und Boden, Gewässer, Lufthülle,
Pflanzen- und Tierwelt. Zufall = Unvorhersagbarkeit von
Ereignissen. Gegensatz: >Ordnung |
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