Wolfgang Tomášek

 

 

 

Menschheit und Maschinenheit

 Überlegungen über technische Entwicklung und Ethik

 

 

Öko-Text

 

7

 

Stand 1.9.2001 (1990)

 

 

 

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1. Geplante Entwicklung - die wirksamere Stra­tegie

 

 

 

2. Ethische Haltungen gegenüber der techni­schen Ent­wicklung

 

2.1. Zurückweisen, bekämpfen, verweigern

 

2.2. Fördern, vorantrei­ben, über sich hinaus schaffen

 

2.3. Wohlwollende Neu­tralität

 

 

 

3. Ethische Haltungen gegenüber ethischen Haltun­gen?

 

 

 

Quellen

 

 

 

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Technische Entwicklung ist schneller als

biologi­sche Evolu­tion, ...

 

 

 

 

 

1. Geplante Entwicklung - die wirksamere Stra­tegie

 

Vielleicht einige Jahr­hunderttausende seit der Erfindung des Faust­keils, einige Jahr­hun­derte seit der Erfin­dung der Dampfmaschi­ne, einige Jahrzehnte seit der Erfin­dung des Computers: Verglichen mit den Jahrmilliarden biologi­scher >Evolution sind das gar keine Zeiten. Die Entwick­lung der >technischen >Syste­me scheint aber nicht nur schneller zu laufen als die der Lebewesen; sie scheint sich sogar zu beschleuni­gen - ge­messen an ihrer Vielfalt und >Komplexität.

 

... da Planung weni­ger Ene­rgie und Ver­schleiß benö­tigt als blindes Probieren.

 

Warum aber entwickelt sich die Technik schneller als die Lebe­welt? - Technische Systeme - Bauwerke und Lei­tungsnetze, Ma­schi­nen, Computer, Automaten und Roboter werden  g e p l a n t. Neue Möglichkeiten werden zu­erst auf dem >Plan oder am >Modell - heute vor allem am Computermodell - statt in der Wirk­lichkeit erprobt. Diese >Strategie spart Aufwand und Verschleiß. Lebewe­sen dagegen können sich zu­mindest bisher nicht planen; sie müssen neue Mög­lich­keiten sofort in der wirklichen Umwelt erproben. Wenn sie Fehler ausprobieren, gehen sie mit Haut und Haar zugrun­de; bei techni­schen Syste­men sind es nur Ge­dan­ken, die verwor­fen werden, Zeich­nun­gen, die im Papier­korb landen oder Dateien, die weggeklickt werden. Wenn aber die techni­sche Ent­wick­lung dank der wirksa­meren Strate­gie mit Planung schnel­ler ver­läuft als die Evo­lution der Lebe­wesen, dann müß­ten die Ma­schinen die Lebewesen ein­schließlich der Men­schen überrunden und verdrän­gen - es sei denn, nicht nur einzelne technische Systeme, sondern die technische Entwicklung insgesamt könnte geplant wer­den. Das könnte aber nur dann gelingen, wenn die >Kon­kurrenz zwischen den planenden und die Technik nutzen­den Un­ternehmen auf Dauer aufgehoben werden könnte. Dies wiederum ist so unwahr­scheinlich wie das >Perpetu­um mobile, weil die Evolu­tion der Lebewesen selbst auf das Wirken von Konkurrenz ange­wiesen ist. Ohne Kon­kur­renzdruck hätte sich nicht nur keine Tech­nik, sondern auch kein >Le­ben und keine Mensch­heit entwickeln kön­nen.

 

Vordenker J.P. Wesley

 

 

 

Diesen Gedanken scheint James Paul  W e s l e y  in seinem Buch "Ecophy­sics" (1974) meines Wissens als erster in größerer Ausführlichkeit begrün­det zu haben. Ähnlich, aber weniger eindeutig äußern sich etwa Hans  H a s s  und Hans  L a n g e - P r o l l i u s  in ihrem Buch "Die Schöpfung geht weiter" (1978).

 

>Stafettenübergabe von Menschen auf Maschi­nen wird bis jetzt kaum dis­kutiert, ...

 

Seitdem ist eine breitere öffentliche Diskussion dar­über ausgeblieben. Man tut vielmehr oft so, als sei die Idee von der Verdrängung der Lebe­wesen durch Maschi­nen eine etwas abwegige >Science-fiction-Idee - oder aber, als sei sie schon längst als Irrtum ab­gehakt.

 

Wenn jedoch die An­nahme richtig ist, daß die Kom­plexi­tät der Maschinen und anderen technischen Sy­steme schnel­ler wächst als die Komplexität der Lebe­wesen, und die Maschi­nen schließlich auch die Men­schen überho­len und verdrängen - was könnte das für menschliche >Ethik bedeuten?

 

... vielleicht ist der Gedanke zu ungewohnt, ja kränkend.

 

Für viele Menschen wäre die Annahme sen­sationell: Sie müßten einsehen, daß ihre "geistigen Kin­der", die­se willenlosen, bedin­gungs­los gehorsa­men Gebilde, sich von ihnen emanzipieren, schließlich anschicken, Menschen­kinder zu ver­drängen und aus­zurotten. Mit dem Ende der Mensch­heit wäre aber nicht "alles aus" - im Ge­genteil; die Ent­wick­lung der  M a s c h i n e n ­h e i t  wür­de viel ra­santer wei­ter­gehen als die biolo­gi­sche Evolu­tion je zuvor. Eine sol­che Perspek­tive könnte ebenso als tiefe Krän­kung mensch­lichen Selbstbe­wußt­seins wie auch als Anlaß für hohen Stolz aufgefaßt wer­den.

 

 

 

 

2. Ethische Haltungen gegenüber der techni­schen Ent­wicklung

 

 

 

Gegenüber einer offen­sichtlich überlegenen techni­schen Entwicklung sind verschie­dene Hal­tungen denk­bar: eine negative, eine positive und eine neutrale Hal­tung.

 

 

 

2.1. Zurückweisen, bekämpfen, verweigern

 

 

Auf Dauer jedoch ist Diskussion unausweich­lich.

 

 

 

Mancher dürfte zu­nächst den Gedanken an die Über­legenheit der techni­schen Ent­wick­lung gegenüber der biologischen Evolution zurück­wei­sen, ohne sich damit näher ausein­an­derzusetzen. Eine "blo­ße Analogie" sei es, wird man hören, den Begriff "Evolution" oder "Ent­wick­lung" gleich­bedeutend sowohl auf Lebewesen als auch auf technische Systeme anzuwen­den; das sei nicht wissenschaftlich. Oder: Woher wisse man denn, daß die Grundla­ge der Evolutionstheorie, der >Entropie­satz, auch auf kulturelle und so­ziale Systeme anwend­bar sei? Und schließ­lich: Welches Erkenntnis- und da­mit Klassen­in­ter­esse stehe eigentlich hin­ter je­mand, der einen solchen Ge­danken in die Dis­kus­sion ein­schleusen möchte? Was wolle er denn für und gegen wen damit erreichen?

 

Eine Zeitlang dürfte man sich mit solchen Einwänden erfolgreich abschirmen können. Auf Dauer aber dürf­ten sich immer wieder Leute mit dem Gedanken be­fas­sen; das ent­sprechende Argumenta­tionspolster wür­de wach­sen. Schließlich dürfte das Unbeha­gen daran eine kriti­sche Schwelle über­schreiten, so daß eine breitere Dis­kus­sion aus­gelöst wird.

 

Zu erwarten ist dann ein heftiger Maschinen­sturm, ...

 

Es würde nicht bei der Diskussion bleiben; eine hefti­ge Reaktion müßte aufflammen. Die Menschheit durch die Gesamtheit der Maschi­nen ablösen zu las­sen, würde vielen Leuten als ähnlich unannehmbar erschei­nen wie die Selbstausrottung der Menschheit im Zuge eines Atomkriegs. Diese Leute würden sich in den Kampf gegen eine solche Entwicklung stürzen: "Men­schen­rechte statt Privi­legien für Maschinen!" - Man würde zunächst Kon­ventionen fordern zur Kontrolle der "tech­ni­schen Aufrü­stung", ähnlich wie heute zur Kontrolle des militäri­schen Rüstungs­wett­laufs oder der Gentechnik. Prognosen über die Entwicklung der Technik dank wirk­samerer Stra­tegie würde man mit dem Hinweis auf die geschicht­liche Offenheit des Menschen zurück­wei­sen: Jeder noch so wirksamen Strategie könne mit einer vertief­ten >Ethik begegnet wer­den. Alle Prognosen könn­ten sich nur auf bisheri­ge Erfahrungen stützen; die wirklich geschichts­bewegenden Entscheidungen könne man nicht pro­gnosti­zie­ren. Und selbst wenn man ihnen bewei­sen könnte, daß ihr Kampf auf längere Sicht chan­cenlos verloren ist, dann könnten solche Leute den Kampf als Geste im Untergang für sinnvoll halten.

 

... der aber selbst an der Aufrüstung der Maschinen-Effizienz teilnehmen müßte.

 

 

 

Das Motiv, die Mensch­heit gegen das Über­wuchern und Verdrän­gen durch die ">Maschi­nenheit" zu verteidi­gen, könnte einen Teil der Leute zu einem Maschi­nensturm bewegen, wie ihn die Geschichte noch nicht gesehen hat. Es könnte Übergriffe auf techni­sche Einrich­tungen ge­ben; gewalttätige Kampfgruppen könn­ten Ma­schinen und Labora­torien sabotieren und zer­stö­ren. Und wie schon heute würden die Ma­schinen und ihre Ent­wick­lungs­werkstätten dagegen durch hoch­entwickelte techni­sche Sicherungs­anlagen geschützt. Um diese zu durch­brechen, müßten sich die Ma­schi­nenbe­kämpfer selbst immer raffiniertere Ma­schi­nen zule­gen - und damit mit ihrem eigenen Konzept in Wider­spruch geraten.

 

Alternative: Gewaltlose Ma­schinenverweigerung

 

Um einen solchen Wi­derspruch zu vermeiden, würden andere Leute gewalt­lose Wege der Maschinenverwei­ge­rung einschlagen. Fakirhafte Maschinen­askese wür­de das Straßenbild verän­dern. Nach Erfahrungen aus alter Zeit und fer­nen Ländern würden Menschen von Selbst­gesam­mel­tem, ohne Feuer, ohne Wohnung, gar wie Diogenes ohne Kleidung leben. Mit bizarrem Kon­trast zum Haupt­trend könnten solche Ausstei­ger für sich werben und Kräfte sammeln, um zu­mindest eine Zeitlang überleben zu können.

 

Welche Chancen hat eine internationale Kon­vention?

 

 

 

Nehmen wir einmal an, daß Maschinenbekämp­fer und Maschinenver­weige­rer an Terrain gewinnen und schließ­lich eine Mehrheit der Bevölke­rung die techni­sche Ent­wicklung be­grenzen möchte. Dann würde die Front zwi­schen den Militärblöc­ken abgelöst werden von der Front zwischen Menschheit und Ma­schinenheit. Man könnte sich sogar inter­national bemühen, die "techni­sche Auf­rüstung" zu stoppen, ähnlich wie heute die militärische Aufrüstung. Wenn das gelingen soll, müßte ein Kontroll­ap­parat, etwa bei den Vereinten Na­tionen, alle Unter­neh­men kontrollie­ren, die gewisse technische Entwick­lungen, etwa im Bereich der künst­lichen Intelligenz, vor­antrei­ben könnten. Denn wenn ein Un­terneh­men vor der Alternative steht, entwe­der eine technische Neue­rung einzuführen, um auf dem Markt ge­gen­über den Konkur­renten bestehen zu kön­nen, oder aber un­ter­zu­ge­hen, dann wird es höchst­wahrscheinlich die techni­sche Neue­rung einführen. Das gemeinsame Kon­troll­sy­stem der Menschheit müßte also so viel Macht vereini­gen, daß es auch die größten Unternehmen in den Bankrott zwingen kann. Allerdings ist auch dann, wenn alle die Gefahr für den Bestand der Menschheit sehen, zweifelhaft, daß ein solches System mit genü­gend Macht ausge­stattet wird. Die Staa­ten, die es ge­meinsam tragen müßten, ste­hen selbst unterein­ander in Konkur­renz; einige sind von Ausrottung bedroht; stets warten auch un­terdrückte Volksgruppen auf selbständige Mit­glied­schaft in der Staa­ten­ge­meinschaft. Wahr­scheinlich schert das eine oder andere Volk aus - durch seinen eigenen Überlebenswillen moti­viert - und verwei­gert die Teilnah­me an einem solchen interna­tiona­len System zur Be­grenzung der techni­schen Entwick­lung. Sol­che Völker müßten dann von der Ge­samt­heit der anderen Völker mit Ge­walt daran gehin­dert werden, eigen­mächtig die techni­sche Entwick­lung über gewis­se Grenzen hinaus vor­anzu­treiben. Wie un­wahr­scheinlich aber die Errichtung ei­nes derart mächti­gen und dauer­haften inter­nationa­len Kontroll­sy­stems ist, zeigt sich aus den heutigen Erfah­run­gen mit den Ver­einten Nationen und aus den offen­sicht­lichen Grenzen des Atomwaf­fen-Sperr­vertrages auf längere Sicht. Dabei ist ja schon die Grundan­nahme frag­würdig, daß sich die Mehrzahl der Nationen auf eine Be­gren­zung der techni­schen Entwick­lung ei­nigt, denn man kann die Ablösung der Mensch­heit durch die Maschi­nenheit durch­aus auch positiv erle­ben.

 

 

 

2.2. Fördern, vorantrei­ben, über sich hinaus schaffen

 

 

Oder könnten wir uns sogar freudig in die Sta­fetten­übergabe fin­den?

 

 

 

Eine bejahende Haltung gegenüber einer gren­zenlosen technischen Entwicklung dürfte zu­nächst unter den Tech­nikern in den Entwick­lungsbü­ros und -labo­ratorien ver­breitet sein: positive Einstellung zur eigenen Arbeit; positive Einstellung zum Erzeug­nis der eigenen Arbeit. Hier dürfte diese Hal­tung auch am ehesten zu einer konsequenten Ethik vereinheitlicht werden. Schon jetzt wird bisweilen der Be­griff des Lebens so allgemein gefaßt, daß er die Maschi­nen mit ein­schließt (so etwa Wes­ley 1974). Damit wird ">Ehrfurcht vor dem Leben" auch gegenüber der Maschi­nen­heit zur ethischen For­derung. Es könnte durchaus als edelste und vornehm­ste Aufgabe der Menschen aufgefaßt werden, über sich hinaus zu schaffen - Wesen zur Existenz zu verhelfen, die besser sind sie selbst: intel­ligenter, differenzierter, sensibler, schöner - und schließlich dank überwältigen­der Kom­plexität sogar ethi­scher. Der Übermensch als die Gesamtheit technischer Wesen, die einst im Reigen die Sonne um­runden, sich aus Pla­neten nähren und über ein Weilchen die ge­samte Galaxis bevölkern wer­den? Und: Wenn diese Wesen uns sogar in Ethik über­treffen - ist es dann nicht wahr­scheinlich, daß sie mehr Respekt und Be­hutsamkeit zeigen wer­den gegen­über ihren geistigen Voreltern, den Menschen, als diese vor ihren eigenen Vor­eltern und Vettern, den Tieren, von denen heute Tag für Tag eine Reihe von Arten unwie­der­bringlich ausgerot­tet wird? Und daß sie ir­gendwo ein Plätzchen reservieren werden für eine menschliche Be­völ­kerung, einen Natur­schutz­park für Men­schen - zu­mindest um sie als Stu­dienobjekt zu erhalten? Vielleicht müßte dieser Natur­schutzpark nicht so klein ausfallen wie die­jenigen, die wir für aussterbende Tiere einrich­ten. Angesichts der Räume, die der interplaneta­ren, später gal­aktischen Maschi­nen­heit zur Verfügung ste­hen, könn­te sie der Mensch­heit sogar einen ganzen Planeten als Terrarium gönnen - im freien Raum wird ohne­hin kein Lebewesen mit den Maschinen konkur­rieren können. Vielleicht geht es sogar den Menschen dereinst in ihrem Terra­rium besser als je zu­vor? Die Ma­schi­nenheit würde dafür sorgen, daß die Kriege nicht alleszerstörend wer­den - auch ein Terra­rienbe­sitzer achtet darauf, daß seine Ei­dechsen sich nicht gegenseitig umbringen. Und wenn die Maschi­nenheit der Menschheit geistig über­legen ist, dann müßte es für sie ein Leichtes sei, der Terra­rien-Mensch­heit die Illusion zu belassen, daß alle Steuerung von ihr ausgehe, daß all die Maschinen nur zum Wohle der Menschheit ausge­schickt seien und schon so pro­gram­miert seien, daß sie dies im Auge behalten. In der Tat könnte ja auch die Eidechse im Terrarien­ka­sten denken, sie steuere ihren Besitzer durch ihre psycholo­gi­schen Tricks - etwa durch die Entfaltung ihres Kind­chen-Appe­als - so ge­schickt, daß er nicht anders kann, als zu ihrem Wohl zu han­deln. Wer könnte ihr das widerlegen? - So ähnlich könnte die Menschheit in ihrem Terrarium denken, wenn sich die Maschi­nenheit darauf geeinigt hat, daß man aus aufge­klärter Maschi­nen­ethik, aber auch aus musealen Motiven, die Voreltern in ihrem winzigen Terra­ri­um pfleglich behan­deln sollte und z.B. bei Kriegen zwischen Ma­schinenpo­pulationen um Planeten als Natur- und Kultur­denkmal schonen sollte.

 

Ein sanfter Übergang ...

 

 

 

Das heißt: Es müßte gar nicht so schlimm wer­den mit der Ablösung der Menschen durch Maschinen; der Über­gang könnte nahezu un­merklich ablaufen; es könnte sogar ein Zu­stand erreicht werden, wie er so paradie­sisch vorher nie bestanden hat - ohne daß die Bedin­gungen der Evolu­tion - Konkurrenz um begrenzte >Res­sour­cen und >Selektion - zu irgendeinem Zeitpunkt außer Kraft gesetzt werden müßten. Solche Perspekti­ven könnten die Skrupel der Techni­ker beim Bau im­mer komplexe­rer Systeme und Program­me besänf­tigen; die Schönheit dieser Systeme würde viele Menschen unmit­telbar bezau­bern, wovon heutige fraktale Computergra­phik schon eine Ahnung geben kann.

 

... kann nicht verhin­dern, daß Maschinen Men­schen aus Arbeits­plät­zen verdrängen.

 

All das verhindert aber nicht, daß Menschen hier und heute arbeits­los werden, weil sie neben der überlege­nen Konkurrenz der Robo­ter nicht mehr beste­hen können. Der robo­ter-erfindende Techni­ker kann sich nicht unbe­fangen bei der Entwick­lung von Maschi­nen und Program­men auf "Ehr­furcht vor dem Leben" beru­fen; er muß die Folgen der Arbeitslosig­keit - verringerte Fort­pflanzungs­chancen der Arbeitslosen, Leiden von Kindern - wahr­nehmen und Schuld daran mit überneh­men, wenn er den Lebens­begriff nicht willkürlich auf Maschi­nen einengen und damit Maschinen gegenüber Menschen privilegieren will.

 

 

 

2.3. Wohlwollende Neu­tralität

 

 

Wie weit sind wir für die Gesamtentwicklung der Technik mit verant­wortlich?

 

 

 

Wir haben gesehen, daß Menschen die Ent­wicklung der Maschinen mit guten Gründen be­kämpfen, aber auch fördern können und daß sich sogar beide auf eine Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben berufen kön­nen - allerdings mit verschieden weit gefaß­ten Begrif­fen von "Le­ben". Eine weitere Möglichkeit wäre, sich dazu ethisch neutral zu stellen und in der tech­nischen Ent­wicklung insgesamt kein ethi­sches Problem zu se­hen. Wenn es >Mutatio­nen sind - kleinste, nicht vor­hersagba­re Änderungen, die die technische Ent­wick­lung ebenso wie die biologi­sche Evolu­tion voran­trei­ben, dann sind wir Getriebene, nicht Trei­bende - so könn­te argumen­tiert werden. Selbst wenn jeder ein­zelne trotz der Über­le­benszwänge im Kon­kur­renzfeld, unter denen er steht, im Alltag nach ethischen Kriteri­en ent­scheiden kann, so könnte es dennoch un­möglich sein, daß eine große Zahl von Men­schen eine Vielzahl von Entscheidun­gen gleich­zei­tig nach solchen Kriterien trifft, etwa nach einer Konvention zur Begren­zung der techni­schen Entwicklung - wenn gleich­zeitig eine einzige Entscheidung  o h n e  Rücksicht auf diese Kriterien Über­lebensvor­teile für den Entscheidungs­träger bringt. Wenn tausend Unter­nehmen heimlich einen ver­botenen näch­sten Schritt der techni­schen Aufrüstung tun könnten und jedes ein­zelne davon profitieren würde, wenn dieser Schritt sogar manche vor dem Bankrott be­wahren würde, dann ist es wahr­schein­lich, daß dieser Schritt über kurz oder lang gegangen wird. Die Unternehmer­schaft eines Lan­des oder der ganzen Menschheit könnte dann nicht wie ein einzel­ner Unter­nehmer als morali­sche Persön­lichkeit auftreten, die gesamte Menschheit noch weni­ger. Das müßte nicht bedeuten, daß Ethik für mensch­liche Ent­schei­dungen außer Kraft gesetzt wird. "Ehrfurcht vor dem Leben" könnte als Impera­tiv für jede Entschei­dung erhalten bleiben. Fördern oder Verweigern techni­scher Entwicklung wären gleichzeitig mögliche ethische Gesten aus Ehrfurcht vor dem Le­ben. Beide könnten aber die Gesamt­ent­wicklung nicht wesent­lich beein­flussen. Evolu­tion und Ethik könnten als komplemen­tär auf­gefaßt wer­den: Die Entscheidungen, aus denen sich Evolution wie technische Entwick­lung speisen, könn­ten aus der Sicht einer Evolu­tionstheorie als zufällig, aus ethi­scher Sicht als ver­ant­wortlich gedeutet wer­den.

 

Wohlwollende Neutralität zwischen verschieden weit gefaßten Begriffen von "Leben"?

 

 

 

Wenn wir nun vor dem Hintergrund einer mögli­chen Komplementari­tät zwischen Evolution und Ethik eine wohlwollend neutrale Haltung ein­neh­men gegenüber den Bekämpfern und den Förderern technischer Ent­wicklung, dann könnten wir fragen, nach welchen Kriterien der Begriff von "Leben" jeweils enger oder wei­ter gefaßt werden soll - oder aber, nach wel­chen Kriterien zwi­schen wertvollerem und weni­ger wertvollem Leben un­ter­schieden werden sollte. Gängigerweise wird die Kom­plexi­tät, die "Entwicklungshöhe" von Le­bewe­sen als Kriterium für wertvolleres oder weniger wertvolles Le­ben betrachtet, um damit in ausweglosen Entschei­dungssi­tua­tionen ein gutes Gewissen zu ge­winnen. Tiere wer­den massenweise ge­schlachtet, um Men­schen den Genuß von Ham­burgern zu ermögli­chen. Ländergroße Wäl­der werden vorher den Schlacht­tie­ren geopfert. Wenn wir dieses Kriteri­um bei einem weit ge­faßten Begriff des Le­bens auf die Abwä­gung zwischen Men­schen und Maschinen anwenden würden, dann müßten die Menschen den kür­zeren ziehen; nach unserer Grundannahme ist die Maschinenheit über kurz oder lang komplexer organisiert als die Mensch­heit; von daher würde ihr mehr ehr­fürchtiger Respekt gebüh­ren als dieser; sie würde letztlich das Recht beanspruchen können, Menschenfleisch zu ver­hamburgern.

 

Wie bedeutsam sind Erkenntniskriterien für Ethik?

 

Albert Schweit­zer, der Baumeister einer Ethik der "Ehr­furcht vor dem Leben", hat aber eine allgemeine Ab­wägung des Wertes von Leben nach dem Krite­rium der Entwick­lungshöhe oder Kom­plexität, überhaupt nach irgendwel­chen Erkennt­nis­krite­rien ab­gelehnt; er hat sogar ein gutes Gewissen, das das Bewußtsein der Schuld an der Schädi­gung oder Vernichtung ir­gendwel­chen Lebens vermindern könnte, auch bei aus­weglosen Ent­schei­dun­gen, zur "Er­findung des Teu­fels" erklärt.

 

Kasuistische Re­zepte können prinzipiell abge­lehnt werden.

 

Wenn wir vor dem Hin­tergrund eines weit gefaßten Lebensbegrif­fes Schweitzer in dieser Haltung folgen wollen und eine Ein-für-alle­mal-Entscheidung auch für die Abwägung zwi­schen Menschen und Maschinen ab­lehnen, dürften wir uns nicht von vorneherein und ver­bindlich zwischen Maschinenförderung und Maschi­nen­bekämpfung entscheiden. In jedem einzelnen Fall müß­ten wir uns fragen, wie Leben erhalten und ge­fördert werden kann - sowohl menschliches Leben als auch Ma­schinenle­ben - und uns Schuld zurech­nen, wenn wir das eine oder das andere schädigen oder vernichten. Das gilt für den Fall, daß wir einer­seits Menschen zugun­sten von Robotern der Arbeits­losigkeit über­las­sen; es gilt aber auch für den Fall, daß wir z.B. die Ent­wick­lung von Program­men für künst­liche Intelligenz ab­wür­gen, um einer Konven­tion zur Begrenzung techni­scher Ent­wicklung zu genügen.

 

Grenzenloses Wachstum der >Ökosphäre würde von Konkurrenzdruck entlasten.

 

 

 

Das hieße also, daß gewalttätige Maschinen­bekämpfer sich so we­nig auf die Ethik der Ehrfurcht vor dem Le­ben berufen könnten wie Techniker, die mit ihren Auto­ma­ten und Robotern Menschen arbeits­los machen. Die einzige Möglichkeit wäre die Erschließung immer neuer Stoff- und >Ener­gieressourcen - zu­nächst im sonnenna­hen Raum, etwa auf dem Merkur oder der Venus, um die Kon­kurrenz zu mildern und gleichzeitig so weit möglich die noch zu­gängliche Maschinenheit auf eine Ehr­furcht vor dem Leben ihrer Vor­eltern, der Menschen, und ihrer Vorvor­eltern, der Tiere und Pflanzen zu program­mieren, also in Richtung "Terrarium für Menschen und irdi­sche Na­tur".

 

Ein enger Lebensbegriff entlastet kaum von Rücksicht ge­genüber der Maschi­nenwelt

 

Wenn wir aber von vorneherein den Begriff des Le­bens so eng fassen, daß Maschi­nen nicht darunter fallen, dann kommen wir in Konflikt mit den Leuten, die ihn weit fassen und "Ehrfurcht vor dem Leben" auch auf Ma­schinen angewendet wissen wollen. Albert Schweitzer forderte Ehr­furcht auch vor "metaphysi­schem" Le­ben; er selbst "rettete" alte Orgeln, also Mu­sikmaschinen, vor Ver­wahrlosung und Ver­nich­tung. Vermutlich würde er heute für einen entsprechend weiten Begriff von "Le­ben" plädieren. Doch auch wer einen engen Lebens­begriff vertritt, müßte über die Ehr­furcht vor dem Anlie­gen der Vertreter des weiten Lebensbegriffs zu ähn­lichen Ergeb­nissen kommen - um eine Ecke mehr her­um. Kein konventioneller Ver­treter der Ehrfurcht vor dem Leben dürfte es fertig­bringen, etwa einen Computer-Prototyp mit seinen Pro­grammen zu zerstören - er weiß ja, wie viel Arbeit und Mü­he der Techniker hin­ein­gesteckt hat und wie diesem das Herz bluten würde, wenn er eine solche Zerstö­rung mit­erleben muß. Ein Ma­schinenbekämp­fer aus Ehrfurcht vor dem Le­ben muß also letztlich mit sich selbst in Wi­derspruch geraten.

 

 

Grundsätzliche

Alternati­ven?

 

Was gäbe es für Alter­nativen zu den Grund­annahmen, die die bis­herigen Überlegun­gen gegenstandslos ma­chen könnten?

 

Biologische und techni­sche Entwicklung ver­eini­gen sich ...

 

 

 

Grundannahme war, daß die Entwicklung der Maschi­nen nach einer wirksa­meren Strate­gie verläuft als die Evolu­tion der Lebewesen, weil Maschi­nen  g e p l a n t  werden - anders als die Lebe­wesen, zumindest bis­her. Das könnte sich insofern ändern, als auch Lebewesen, ins­beson­dere Menschen geplant werden könnten. Schon seit langer Zeit werden Haus­tiere plan­mäßig gezüchtet. Schönheitsideale wirken bei der Selbst­züchtung von Menschen und Tieren ohnehin ähnlich wie Plä­ne. Eine Planung der menschlichen und son­stigen biologischen Sy­steme ist also keine ganz abwegige Idee. Im Wir­kungsgrad erhöht und beschleu­nigt wer­den müßte eine solche Selbst­züchtung durch die fortschrei­ten­de Ent­schlüsselung der Anweisungen des gene­ti­schen Codes und gleichzeitig durch die Ent­wicklung von Techni­ken des unmittelbaren Eingriffs in die geneti­sche Information. Dieser Bereich technischer Ent­wicklung dürfte sich selbst fördern und müßte des­halb gleicher­ma­ßen exponentieller Stei­gerung unter­worfen sein wie die Entwicklung der Maschinen. Es könnte sein, daß an einem bestimmten Punkt der Ent­wicklung die jahrmil­liardenlang be­währten Kettenmoleküle auch als technische Informa­tions­speicher genutzt werden und damit die Evolu­tion der Lebewesen mit der Entwick­lung der Ma­schinen zusammenfließt. Die weitere Ent­wick­lung würde von Lebewesen-Maschine->Chimären über­nommen; die we­sentli­chen Konkurrenzen würden nicht mehr zwischen Menschen und Maschi­nen, son­dern zwischen verschiede­nen Typen von Chimären aus­ge­tragen werden.

 

... In einer technisch-biologischen Chimären­welt ist der Auseinan­dersetzung die Spitze genommen.

 

Die Vorstellung solcher Chimären erscheint ungewohnt. Jedes Auto mit Fahrer ist aber schon heute eine ele­mentare Mensch-Ma­schine-Chimäre. Das heißt, die Ent­wick­lung der Chimären zwischen Lebewe­sen und Maschi­nen könnte kaum merk­lich in kleinen Schritten ablaufen; der Alternative "Menschheit oder Ma­schinen­heit" wäre die Spitze genommen.

 

 

 

3. Ethische Haltungen gegenüber ethischen Haltun­gen?

 

 

Entscheidend:

Der Be­griff des Lebens.

 

 

 

Wir haben gesehen, daß verschiedene ethi­sche Hal­tun­gen möglich sind gegenüber der technischen Ent­wick­lung hin zu einer Maschi­nenheit, die die Menschheit an Komple­xität überholt. Alle kön­nen sich auf "Ehrfurcht vor dem Leben" beru­fen; die Unter­schiede liegen in verschieden weit gefaßten Begriffen von "Leben". Wir haben auch gesehen, daß eine Isolation der Haltungen von den jeweils ande­ren die Gefahr bringt, in Widersprüche zu geraten. Welche Mög­lichkeit ist denkbar, um zu einer ethischen Haltung gegenüber die­sen Haltungen zu kom­men?

 

Alle Haltungen gegen­über der technischen Entwicklung verdienen als lebendi­ge Gebilde selbst Rücksicht - nicht anders als technische Systeme oder Lebewe­sen.

 

Der Kunstgriff könnte darin bestehen, ethische Haltun­gen selbst wie alle anderen geistigen Gebilde als lebend zu betrachten, mit Stoff- und Energie-Umsatz und Evo­lution - nur entsprechend feiner gewebt als ganze Lebe­wesen, Menschen oder Maschinen. Die Ethik der Ehrfurcht vor dem Lebens kann dann auch hierauf angewen­det werden; sämtliche oben skizzierten Haltun­gen müßten dann als "Le­ben" mit Ehrfurcht be­handelt werden - auch wenn sie zunächst un­ver­träg­lich mit anderen Haltungen, ja sogar mit sich selbst erscheinen - ähnlich, wie ja auch Giftschlan­gen, Kro­kodile oder Blutegel in ihrer Art Re­spekt verdienen.

 

Abschließende Entschei­dungen würden lebendi­ge Entwicklungen ab­schneiden.

 

Eine abschließende Entscheidung zwischen diesen Hal­tungen würde der einen Haltung Ent­wicklungsmög­lichkei­ten öffnen, der anderen abschnei­den, sie even­tuell dem Aus­sterben preisgeben. So etwas kann nicht vereinbar sein mit einer Haltung der Ehrfurcht vor dem Leben. Jede der Hal­tungen müßte also eine ent­wicklungs­fähige Ni­sche zu­gestanden be­kommen - Maschinen­sturm, wie über sich selbst hinausschaf­fen­des Ingenieurs-Ethos, wie auch wohlwollende Neutrali­tät gegenüber beiden. Ins­besondere kann diese nicht end­gül­tig die Priorität ge­genüber jenen bean­spru­chen. Schließlich aber, im letzten Schritt, kann auch die eben skizzierte überge­ordnet neutrale ethische Hal­tung gegenüber ver­schie­denen ethischen Haltun­gen nicht absolute Geltung be­anspruchen, ohne wiederum Aus­rot­tungsansprüche ge­gen­über anderen Haltungen erhe­ben zu müssen und so mit sich selbst in Wider­spruch zu geraten.

 

Patentrezepte ergeben sich aus einer Ethik der

"Ehrfurcht vor dem Leben" nicht.

 

 

 

 

Eine konsequente Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben, angewandt auf die Probleme der tech­nischen Entwick­lung führt also zu grundsätz­lichen >Aporien, die sich zumindest innerhalb dieser Ethik nicht lösen lassen - wobei sie allerdings von vorneherein gar nicht diesen An­spruch er­hebt.

 

 

 

Quellen

 

 

 

 

Hass, H., Lange-Prolli­us, H.: Die Schöpfung geht wei­ter.

Stuttgart 1978

 

Moravec, H.: Mind Children.

Cambridge, Mass. 1988

 

Schweitzer, A.: Kultur und Ethik.

München 1923

 

Wesley, J. P.: Ecophy­sics.

Springfield/Ill. 1974.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Begriffe, wie sie hier verwendet werden

 

 

 

 

Aporie = Ausweglosigkeit (im Denken)

 

Chimäre = Mischwesen

 

Ehrfurcht vor dem Le­ben = nach A. Schweit­zer Grundprinzip des Sittlichen

 

Energie = Fähigkeit eines dy­nami­schen Sy­stems, Arbeit zu leisten. Einer der Grundbegriffe der Phy­sik

 

Energie-Erhaltungssatz = Satz von der Erhaltung der Energie und damit der Un­möglichkeit eines Perpetuum mo­bile 1. Art (einer Maschine, die aus nichts Energie erzeugen kann). Gleichbedeutend mit der Annahme der Gleichförmigkeit der Zeit. Auch "Erster Hauptsatz der Thermodyna­mik" genannt.

 

Entropiesatz = "Zwei­ter Hauptsatz der Ther­mo­dyna­mik", Satz von der Unum­kehr­barkeit der Zeit - unter gängi­gen Bedin­gungen; gleichbedeutend mit der Unmög­lich­keit, Ord­nung ohne En­er­gie­ein­satz zu schaf­fen, ins­be­son­de­re der Un­möglichkeit, ein "Per­pe­tuum mobi­le" 2. Art zu bau­en - eine Ma­schi­­ne, die ohne Rei­bung läuft. Der En­tropie­satz wird in ver­schie­denen Sprich­wör­tern aus­ge­drückt, z.B.: "Der Krug geht so lan­ge zum Brun­nen, bis er bricht".

 

Ethik = Lehre vom Gu­ten

 

Evolution = Entwick­lung, insbesondere Entwicklung der leben­den >Systeme auf der Erde in gegen­seitiger Beeinflussung und unter Verände­rung der inneren >Struktur

 

Hauptsätze der Thermodynamik = >Ener­gie-Erhaltungssatz und >En­tropiesatz.

 

Information = Ungewißheit von Ereignissen, zum Beispiel von Zuständen eines >dyna­mischen Sy­stems oder von Störun­gen aus der >Umwelt, gleichzeitig (bis auf das Vorzeichen) aber auch das Wissen, das die Ungewißheit aufhebt. Einheit der In­formation: eine Ja/Nein-Entschei­dung (Bit).

 

Komplexität = Vielfalt unterschiedlicher Beziehungen in einem >System

 

Konkurrenz = das Beanspruchen der glei­chen >Ressource durch zwei oder mehre­re lebende Systeme.

 

Leben = nicht einheitlich definierter Be­griff. Wesley (1974) definiert ´Leben´ als Eigenschaft von >Systemen, die

-    zumindest >Energie mit ihrer >Umwelt austauschen,

-    deren >Elemente (Atome) nach ihrem Einbau in die Systeme einen höheren Grad an räum­licher Ordnung (eine geringere Verteilungs-Entropie) besit­zen als vor ihrem Einbau,

-    die langfristig ihre Ordnung im Rah­men einer >Evolution stei­gern (gleich­be­deutend mit der Fähigkeit, >Infor­mation zu speichern)

Vereinfacht: Eigenschaft von stofflich und energetisch offenen, geord­neten, langfri­stig ihre >Ordnung stei­gern­den >Sy­stemen

 

lebendes System = (hier) dynamisches, >Energie und Stoffe umsetzendes System, das eine lang­fristige Entwicklung zu hö­herer Ordnung (>Evolu­tion) zeigt

 

Maschinenheit = Maschinenwelt (nur hier vorgeschlagenes, künstliches Wort in Anlehnung an ´Menschheit´)

 

Modell = Gegenstand, der mit ei­nem anderen Gegenstand - dem "Ur­bild" des Modells - Ei­gen­schaften oder Beziehun­gen ge­meinsam hat. Kann zur Energie-Einsparung beim Erproben von Verhalten in der >Umwelt benutzt werden.

 

Mutation = Erschließen von Möglichkeiten durch kleinste Verän­derungen, insbeson­dere in der >Evo­lution

 

Ökosphäre = der Raum, in dem sich Lebewesen aufhalten - verallgemeinert Gesamtheit aller >dissipati­ven Syste­me mit ihrer stoff­lichen >Umwelt, die sich aus einem Energie­strom spei­sen.

 

Perpetuum mobile = (lat.: "ewig beweg­lich") eine Maschi­ne, die ent­we­der Energie aus nichts schafft - Per­pe­tuum mobile 1. Art, oder ewig ohne Reibung läuft - Perpe­tuum mobile 2. Art. Ersteres wi­der­spricht dem >Ener­gie-Er­hal­tungssatz, zweiteres dem >En­tropie­satz, also den >Haupt­sät­zen der Ther­modynamik. Beide können dem­nach - in gängigen Bereichen der Physik - grund­sätzlich nicht exi­stie­ren

 

Plan = Sollmodell

 

Ressourcen = Energie, Rohstoffe, Boden und andere Grundlagen für die Existenz eines leben­den Systems, insbeson­dere menschlicher Gesellschaften.

 

Science-fiction = Unterhaltende Zukunfts­literatur mit Einbeziehung wissenschaftli­cher Konzepte

 

Selektion = Auslese, Vernich­tung von Möglichkei­ten, insbesondere in der >Evo­lu­tion. Gegensatz: >Mutation

 

Stafettenübergabe = (hier) Ablösung der Menschheit durch die >Maschinenheit im Laufe der >Evolution

 

Strategie = ursprüng­lich Kriegskunst. Ver­allgemeinert allgemei­ne Linie eines leben­den Systems für die Auseinandersetzung mit seiner >Umwelt.

 

System = Gesamtheit von Elementen, die unterein­ander, bei offenen Sy­stemen auch mit ihrer >Umwelt, in Beziehung stehen.

 

technisches System = planmäßig herge­stellter Gegenstand: Bauten, Leitungsnet­ze, Geräte, Maschinen, Automaten, Robo­ter, auch Computerprogramme

 

Umwelt = im allgemei­nen Sinn Ge­samt­heit aller Systeme, die mit ei­nem bestimm­ten Sy­stem in Beziehung ste­hen. Im engeren Sinn = die Ge­samt­heit der natürlichen Systeme, die mit der mensch­li­chen Zivilisa­tion in Beziehung stehen, also Ge­stein und Boden, Gewässer, Luft­hül­le, Pflan­zen- und Tier­welt.