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   Umwelt als
  Mitwelt - Öko-Ethik?  | 
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   Öko-Text  | 
 
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   Stand 1.9.2001  | 
 
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   (Vortrag November 1991 in München.
  Veröffentlicht in "Gestalt finden für die tägliche Umwelt: ´Ökodesign´
  geht uns alle an. München: Urbanes Wohnen 1992)  | 
 
 
 
 
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   Begriffe: Anklicken der im Haupttext
  mit ">" markierten Begriffe führt zur Erläuterung. Nochmaliges
  Anklicken des Begriffs bei der Erläuterung führt zurück zur Lesestelle.  | 
 
 
 
 
 
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       Diskussion über Ethik ist aktuell.          | 
  
   Vorbemerkung:
  Neues "Biotop" für Öko-Ethik   >Ethik ist Mode geworden. Da
  werden Ethik-Seminare abgehalten, Lehrstühle für Wirtschaftsethik eingerichtet;
  Manager lassen sich von >Gurus unterweisen. Mein Thema ">Umwelt
  als Mitwelt
  - >Öko-Ethik?" scheint also
  "im Trend" zu liegen. Das hat einen Grund: Wenn die Begrenztheit
  der ganzen Erde als >Ressourcen-Füllhorn, Waffenkammer
  oder Abfallkübel erfahren wird, kommt man mit bisher bewährten Handlungskriterien
  zur Abfuhr von Mangel, Gefahr und Unordnung in Schwierigkeiten. Wohl
  auch deshalb hat sich ein "Nährboden" für Ethik-Themen gebildet,
  und auch in einer Vortragsreihe wie dieser hat sich ein ">Biotop"
  dafür eröffnet.           | 
 
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   Fünf Thesen:  | 
  
  
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   Was ich sagen will, habe ich
  in fünf Thesen über Öko-Ethik zusammengefaßt. Sie lauten:  | 
 
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   Haushalts-Ethik    | 
  
   1. Öko-Ethik fängt im Alltag an und ist zunächst einmal Haushalts-Ethik.    | 
 
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   Umwelt als Mitwelt    | 
  
   2.  Öko-Ethik läßt sich sprachlich einfach fassen, wenn man den Begriff
  des >Lebens -
  oder auch des >Subjektes - verallgemeinert.
  Formelhaft verkürzt: "Umwelt als Mitwelt".     | 
 
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   Maschinen als Subjekte    | 
  
   3.  Eine derart verallgemeinerte Ethik schließt Kulturgegenstände
  und technische >Systeme als Subjekte mit ein. >Ästhetik
  erscheint dann als Spezialfall von Ethik.    | 
 
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   Grenzen der Ethik    | 
  
   4.  Öko-Ethik hebt, universell gedacht, sich selbst auf. Überlebensfähige
  Ethik muß sich selbst beschränken.     | 
 
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   Ethik der Technik    | 
  
   5.  Öko-Ethik könnte schon bald die Ethik technischer Subjekte untereinander
  und gegenüber der biologischen Welt einschließlich der Menschen sein.    Ich werde versuchen, diese Thesen
  etwas näher zu begründen. Dabei möchte ich über Ethik reden; das
  ist etwas anderes als Ethik predigen.        Zunächst ein Blick ins
  vielfältige >Ökosystem der Ethik-Begriffe
  und Ethik-Ideen:    | 
 
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   Ökosystem der Ethik-Begriffe und Ethik-Ideen - mit
  mannigfachen Gegensätzen        | 
  
   Ethik heißt
  "Sittenlehre" oder "Lehre vom rechten Tun" oder
  "Kriterien des eigenen Handelns" oder auch zynisch "was einer
  zu seinem Tun dazuredet". Schon über den Begriff der Ethik besteht
  keine Einigkeit - so wenig wie über irgend einen anderen philosophischen
  Begriff. Im Gegenteil: Wenn einer eine These aufstellt, kommt flugs ein
  anderer und konstruiert dazu eine Alternative; es bildet sich sozusagen
  ein ökologischer Gegenspieler und so fort.    Da wird unterschieden zwischen
  Gesinnungs- und Erfolgsethik, zwischen subjektiver und intersubjektiver
  Ethik, zwischen Individual- und >Sozialethik,
  zwischen "Ethik", ">Moral" und ">Ethos"
  - oder es wird eben nicht unterschieden.    Da geht es um Rechte und
  Pflichten, um ethische Subjekte und >Objekte, um Interessen, Strebungen
  und Gerichtetheiten. Die einen sehen den Sinn von Ethik darin, menschliches
  Handeln möglichst rational zu machen und notfalls eine umfassende >Kasuistik
  aufzustellen. Die anderen lehnen so etwas ab und wollen nur eine potentiell
  grenzenlose Ethik der Hingabe gelten lassen.    Da wird eine eigene Logik
  ethischer Sprachgebilde entwickelt, die sich von der Aussagenlogik
  unterscheidet: Aus dem Sein ergibt sich logisch kein Sollen. Andere wiederum
  wollen genau diese Unterscheidung von Sein und Sollen überwinden und suchen
  einen Direktzugang zu umfassender Welterkenntnis und damit zu Ethik.
  Manche stellen überhaupt die Anwendung von Logik in der Sprache der
  Ethik in Frage und weisen darauf hin, daß sogar widerspruchsvolle Sätze in
  einem übergeordneten Zusammenhang Sinn gewinnen können.    Insgesamt erscheint Ethik als
  ein "Ökosystem" der ethischen Begriffe, Ideen, Konzepte.
  Jede Idee überlebt in ihrer Umwelt, und alle anderen Ideen im Ideen-Ökosystem
  sind Bestandteil dieser Umwelt. Das Ideen-Ökosystem zeigt >Energie-
  und Stoffumsatz, etwa im Gehirn, im Computer, bei Schrift, Druck und Vervielfältigung.
  Es zeigt Werden und Vergehen, >Konkurrenz und >Symbiose.
  Dieses Ökosystem->Modell könnte selbst ethisch
  wirken, uns nämlich eine gewisse, sozusagen naturschützerische Toleranz
  nahelegen im Umgang mit den Vorstellungen anderer Leute, auch wenn wir diese
  Vorstellungen nicht teilen.       Verschiedene Ansätze für
  "Öko-Ethik"    | 
 
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   Öko-Ethik: Ethik unter Berücksichtigung ökologischer
  Zusammenhänge?         | 
  
   Was könnte aber
  "Öko-Ethik" sein, wenn kein ethischer Begriff, nicht einmal
  "Ethik" selber allgemeinverbindlich festgelegt werden kann? Es
  gibt eine einfache Art, Öko-Ethik zu definieren, nämlich als Ethik
  - wie auch immer gefaßt - unter Berücksichtigung ökologischer Zusammenhänge.
  Das ist eine Verknüpfung von alter Ethik mit neuem Wissen; die Diskussion
  verlagert sich fast gänzlich auf das neue Wissen. Ob aber dann ein neues
  Wort wie "Öko-Ethik" nötig ist, das kann man bezweifeln.    | 
 
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   Oder ökologische  Systemeigenschaften  als Werte?    | 
  
   Ein anderer Weg wäre,
  irgendwelche ökologisch definierten Systemeigenschaften - ">Gleichgewicht", ">Stabilität",
  "geschlossene >Stoffkreisläufe",  "Energie-Sparsamkeit", "ökologische Vielfalt"
  usw. zur hinreichenden Richtschnur für Ethik zu machen, indem man solche
  zunächst wissenschaftlich wertneutralen Begriffe offen als Werte auf den
  Altar hebt oder indem man ihnen schleichend die eigene Ethik unterschiebt.
  Das kann man dann ohne Widerspruch machen, wenn man die Unterscheidung von
  Sein und Sollen nicht anerkennt. Ich möchte das hier nicht weiter verfolgen;
  es ist nicht mein Stil; mir ist bei einem solchen Vorgehen unbehaglich,
  auch wenn ich ihm durchaus eine >ökologische
  Nische zugestehe.     | 
 
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   Oder Rückwirkung von Ökologie auf ethiscche
  Begriffe?    | 
  
   Interessant finde ich es aber
  dann, wenn die Rückwirkung neuartiger ökologischer Vorstellungen auf die
  ethische Begriffsbildung mit in die Überlegung einbezogen wird.
  Erst dann, meine ich, würde sich ein neuer Begriff wie "Öko-Ethik"
  wirklich lohnen.     | 
 
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   Einschub: >Rückkopplung
  zur alltäglichen Erfahrung    | 
  
   Bevor ich aber nun weiterfahre
  bei der Diskussion ethischer Begriffe, möchte ich zu dem rückkoppeln, wo sich
  jeder auch ohne Begriffe auskennt, nämlich der Welt des Alltags.
  Sie ist Gegenstand meiner         | 
 
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   Öko-Ethik fängt im Alltag an und
  ist zunächst einmal Haushalts-Ethik  | 
 
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   Büro-Alltag enthält  Modelle von (umwelt-) ethischen Situationen        | 
  
   Ich möchte hierzu in Gedanken
  "Stilleben" aufbauen aus dem Büro-Alltag, auch als Miniaturmodelle
  für Umweltsünden im Großen und damit umgekehrt für Öko-Ethik in größeren
  Zusammenhängen:    -    Große Bögen frisches Papier verschwendet für kleine Notizen;
  Viele Filzschreiber gleicher Farbe gleichzeitig in Benutzung; Filzschreiber
  und Klebestifte offen vor sich hintrocknend, Brote im Papierkorb: Problem
  Ressourcenverschwendung.   -    Zigarettenasche im Altpapier;  Locher-Konfetti zwischen Geräten verstreut, Heftklammern
  eingekrallt im Teppichboden, Kaffeeränder auf den Tischen: Problem
  Müll und Umweltverschmutzung.   -    Papierstapel mit verschobenen Kanten; Kaffeetassen auf Büchern
  oder Disketten; Offenes Schneidgerät zwischen Schreibgerät, Blumentöpfe
  hart an der Tischkante: Problem Raumordnung.    -    Ein Plakat oder ein Plan schlampig schräg angeklebt: Umweltästhetik.      | 
 
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   Auch Ethik bildet sich  ursprünglich im Alltag.    | 
  
   Wie gehen wir mit unserer Alltags-Umwelt
  um? Meistens, wie wir erzogen wurden, vor allem von unseren Müttern. Wir
  haben die Regeln des Umgangs mit der täglichen Umwelt überwiegend nicht
  mit rationalen Begründungen, sondern aus Beispielen und Verboten gelernt.
  Auch später müssen wir uns in weiten Bereichen noch ebenso, sozusagen
  kindlich verhalten, ohne Trennung von >Theorie
  und Praxis, ohne sprachliche Begründung. 
  Erst wenn wir - etwa in einem Büro - mit anderen Leuten zusammenarbeiten,
  die eine andere Erziehung hinter sich haben, suchen wir Gründe und versuchen,
  sie sprachlich mitzuteilen, also eine sprachlich formulierte Alltags-Ethik
  zu unserem Verhalten dazuzuentwickeln. Insgesamt ahnen wir, daß eine
  Vielzahl unserer Verhaltenskriterien im großen Rahmen rational ist oder
  zumindest seinen Sinn hat, auch wenn wir noch kein sprachliches Modell
  dafür greifbar haben.     | 
 
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   Öko-Ethik ursprünglich Haushalts-Ethik?        | 
  
   Wir unterstellen zum
  Beispiel, daß die meisten Hausfrauen "haushälterisch" mit den
  Dingen umgehen, weil Raum und Ressourcen in einem Haushalt ähnlich begrenzt
  sind wie auf der Erde im Großen. Deshalb kann man vielleicht in erster Annäherung
  sagen: Öko-Ethik ist Hausfrauen- und Hausmänner-Ethik, oder allgemein
  Haushalts-Ethik. Die Begrenztheit wahrzunehmen und damit zurechtzukommen
  führt zu entsprechenden komplexen Anpassungsformen.        Frage nach unseren Motiven    | 
 
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   Auf wen oder was nehmen wir im Umgang mit unserer
  Alltags-Umwelt Rücksicht?    | 
  
   Warum aber oder wem zuliebe
  oder mit Rücksicht auf wen oder was gehen wir so und so mit unserer
  täglichen Umwelt um?  Wem zuliebe
  werfen wir keine noch eßbaren Lebensmittel in den Papierkorb? Wem
  zuliebe mischen wir keine Zigarettenasche mit Altpapier, keine Rasierklingen
  mit Schreibgerät? Wem zuliebe schließen wir Klebestifte und Filzschreiber
  nach Gebrauch? Warum tut es uns weh, einen Stapel frisches Papier mit
  verschobenen und deshalb gefährdeten Kanten zu sehen, oder eine Kaffeetasse
  auf Büchern oder Computer-Disketten?     | 
 
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   - auf uns selbst?    | 
  
   Uns selbst zuliebe? Das mag zum
  Beispiel bei offenen Rasierklingen im Federschälchen der Fall sein. Wir
  vermeiden so etwas, um nicht selber einmal in der Eile in eine Rasierklinge
  zu greifen. Die Trennung von Asche und Altpapier kann Vorsorge dagegen
  sein, daß wir uns selbst mit Zigarettenasche bestreuen, wenn wir das Altpapier
  in den Container stopfen. Auch das Plakat an der Wand hängen wir uns selber
  zuliebe gerade und nicht schief an.     | 
 
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   - auf unsere Kollegen?    | 
  
   Wir könnten sowas aber auch
  der Putzfrau zuliebe tun, die den Papierkorb für uns leeren muß. Oder den
  Kollegen im gleichen Büro zuliebe, denen wir - etwa auf gemeinsam benutzten
  Arbeitstischen - nicht eine mit Klebstoff verschmierte Arbeitsfläche oder
  schmutziges Geschirr oder verwelkte Blumensträuße in stinkendem Wasser
  hinterlassen wollen.     | 
 
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   - auf unsere Familie, unsere Firma? Auf die
  Menschheit?        | 
  
   Es mag in unserem eigenen
  Interesse oder in dem unserer Familie oder Firma sein, haushälterisch
  mit den Gegenständen umzugehen. Keine Lebensmittel zu vergeuden könnte
  aber auch eine Geste bedeuten gegenüber den Kindern, die täglich auf
  der Erde verhungern.    Mit all solchen Motiven
  bewegen wir uns immer noch im Bereich konventioneller Ethik. Dazu bräuchte
  es nicht so etwas wie "Öko-Ethik".    | 
 
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   - oder auf die Gegenstände selbst?    | 
  
   Oder aber ist es eine Rücksicht
  auf die Gegenstände selbst, die uns "behutsam", "pfleglich",
  "rücksichtsvoll" mit ihnen umgehen läßt? Empfinden wir
  vielleicht die Gegenstände unseres täglichen Umgangs als irgendwie
  "lebendig" oder gar "beseelt"? Fühlen wir vielleicht
  so ähnlich wie die Alten, die Quellen und Bäche, Wolken und Wind und auch
  ihre Häuser belebt und beseelt gedacht haben? Haben wir nicht derartige Ausdrücke
  in unserer Sprache: "Dein Auto lebt ja immer noch!" oder
  "ein altes Haus lebt"?    Erst damit kommen wir, glaube
  ich, in den Zentralbereich, wo "Öko-Ethik" erst wirklich interessant
  werden könnte. Mit diesem Gedanken gehen wir wieder zurück vom Büro-Alltag
  in unser Ethik-Ideen-Ökosystem.       | 
 
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   Verschiedene Bezugsrahmen für ethische Rücksichten
  ...    | 
  
   Klaus Meyer-Abich zum
  Beispiel bietet (1988/89) eine Skala von ethischen Kriterien, als Skala
  von Subjekten, auf die wir ethische Rücksicht üben können:    -    Rücksicht auf uns selber: Egozentrische Ethik, -    Rücksicht auf Familie oder Unternehmen: Ethik des "homo
  oeconomicus",  -    Rücksicht auf die Nation: Nationalismus,  -    Rücksicht auf alle Mitmenschen: >Humanismus, -    Rücksicht auch auf künftige Generationen: Erweiterter Humanismus, -    Rücksicht auch auf schmerzempfindende Tiere: Ethik des Tierschutzes, -    Rücksicht auf alles Leben: Ethik der >Ehrfurcht vor
  dem Leben, -    Rücksicht auf die Natur als Ganzes: >Holismus.   Mit Fortschreiten auf der
  Skala wird der Geltungsbereich von Ethik immer umfassender.       | 
 
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   ... vielleicht alle als Begründung ethischen
  Handelns möglich ...        | 
  
   Aber welche Motive aus einer
  solchen Skala von Rücksichten wie der von Meyer-Abich leiten uns denn
  wirklich in unserem Umgang mit der alltäglichen Umwelt? - Ich vermute,
  daß es mehrere gleichzeitig und in Überlagerung sind, und daß der Anteil
  der Motive je nach Situation verschieden ist, vielleicht sich auch im Laufe
  des Lebens verändert, und vor allem bei verschiedenartigen Leuten verschieden
  ist. Das was bei dieser Überlagerung herauskommt, könnte auf den ersten
  Blick irrational, bei genauerem Auseinanderfädeln der Motive rational
  sein; selbst der Anteil der verschiedenen Motive könnte letztlich
  rational gedeutet werden. Das braucht aber nicht zu verhindern, daß auch
  irrationale Elemente in unserem Verhalten sind, wo wir einfaches Probieren
  unterstellen können.      Begründungen des Handelns
  nach Sprach-Ökonomie    | 
 
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   ... in ihrer jeweiligen "ökologischen Nische"?
      | 
  
   Ich vermute auch, daß
  eventuell jedes der Motive allein zu einer Begründung herangezogen
  werden kann für alle unsere Entscheidungen. Ich kann, wenn ich mich genügend
  anstrenge, alles, was ich tue, etwa mit Nützlichkeitsgesichtspunkten begründen,
  oder alles mit der Rücksicht auf die Ahnen oder mit der Rücksicht auf die
  den Dingen innewohnende Seele. Solche Begründungen werden aber in verschiedenen
  Zusammenhängen verschieden lang und manchmal sehr umständlich. Deshalb
  können wir annehmen, daß jede der Begründungen ihre "ökologische
  Nische" hat, wo sie ethisches Handeln knapper begründet als ihre Konkurrenten,
  daß es relativ schmale Überlagerungsbereiche gibt, wo mehrere Begründungen
  nahezu gleich geeignet sind - daß es auch auf den Sprechzusammenhang ankommt,
  wo eine solche Begründung auftaucht. Vermutlich kann so etwas wie
  Öko-Ethik zunächst ohnehin nur in einem ganz engen Bereich der Kommunikation
  Wurzeln fassen.       | 
 
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   Allerdings: Rücksicht auf "die Natur als Ganzes"
  fragwürdig  | 
  
   Ich selber würde die letzte
  Stufe Meyer-Abichs, die Rücksicht auf die Natur als Ganzes, weglassen,
  weil daraus nach meiner Einschätzung keinerlei Handlungskriterien abgeleitet
  werden können. Mir ist der Übergang von überschaubaren Teilmengen zu einer
  Art ">Allmenge Natur" logisch nicht plausibel.
  Ich vermute, daß eine Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben ausreicht, um das
  zu beschreiben, was hinter einem Begriff wie "Öko-Ethik" geahnt
  wird und daß es nicht nötig ist, einen Allbegriff wie "Natur als
  Ganzes" zu verwenden - obwohl ich auch hier zugebe, daß All-Begriffe
  sicher manchem sehr liegen und in bestimmten Sprechzusammenhängen gut
  überleben können.        | 
 
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   "Öko-Ethik läßt sich sprachlich
  relativ einfach fassen, wenn man den Begriff des Lebens oder auch den
  Begriff des Subjektes verallgemeinert. In einer unscharfen Formel
  globalisiert: "Umwelt als Mitwelt".  | 
 
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   Als Albert Schweitzer,
  wie schon vor ihm Magnus Schwantje, den Begriff "Ehrfurcht vor
  dem Leben" als Ausdruck für den Inhalt einer umfassenden Ethik formulierte
  (die vorletzte Stufe auf Meyer-Abichs Skala), da standen noch nicht
  die heute gängigen Begriffe aus Evolutionstheorie, >Ökologie
  und >Synergetik zur Verfügung.   | 
 
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   Wenn "Ehrfurcht vor dem Leben" als Grundlage
  gewählt wird ...     | 
  
   Abgesehen davon, daß uns der
  Begriff "Ehrfurcht" vielleicht etwas antiquiert klingt, und wir
  ihn vielleicht in weiten Bereichen durch "Achtung", "Rücksicht"
  oder "Respekt" ersetzen würden, hat der Begriff des Lebens
  inzwischen eine Präzisierung und gleichzeitig Verallgemeinerung erfahren.
  Im wesentlichen kann er auf den Begriff für >Ordnung
  und Unordnung (genauer den der >Entropie) zurückgeführt und
  damit einer physikalischen Deutung zugänglich gemacht werden.      Ökophysikalischer Lebensbegriff
  als allgemeine Grundlage    | 
 
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   ... kann der Begriff des Lebens verallgemeinert
  werden, ...    | 
  
   Der Ökophysiker James Paul Wesley
  etwa definiert (1974) "Leben" als Eigenschaft von Systemen,
  die   1. offen sind und Energie oder
  Materie mit ihrer Umwelt austauschen,   2. zusammengesetzt sind aus
  Bausteinen, deren gegenseitige Ordnung nach ihrem Einbau in die Systeme
  höher ist als vorher (genauer, deren Verteilungs-Entropie nach dem Einbau
  geringer ist),   3. teilnehmen an der
  Ordnungszunahme (Entropie-Abnahme; >Evolution)
  über lange Zeiträume in einem übergeordneten System, einer ">Ökosphäre".        Auch geologische oder technische
  Systeme können als belebt betrachtet werden    | 
 
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   ... so daß er auch technische Systeme umfaßt.        | 
  
   Eine solche Definition von
  "Leben" ist allgemeiner als eine der üblichen, im engeren Sinne biologischen
  Definitionen. Sie erlaubt, bei Betrachtung über hinreichend lange
  Zeiträume, sowohl geologische als auch technische Systeme und sogar geistige
  Gebilde als "lebendig" zu definieren - wie es im übrigen auch
  die Umgangssprache tut ("ein tätiger Vulkan", "Lebenszeit
  eines Autos", "eine lebende Sprache", "lebendige
  Ideen", usw.) und wie ich selber es vorhin mit dem Begriff
  "Ideen-Ökosystem" getan habe. Folgerichtig betrachtet Wesley
  Leben als eine "alltägliche Erscheinung" im Universum.      Verschiedene Zeitskalen der
  Lebendigkeit    | 
 
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   Allerdings hat es nur dann
  Sinn, von "Leben" zu sprechen, wenn man es abheben kann von
  etwas, was man zumindest nicht im gleichen Atemzug als "lebendig"
  bezeichnen möchte, weil es in ganz anderen Zeiträumen "lebendig"
  ist. Ein Steinbock ist zum Beispiel viel "lebendiger" als das Gebirge,
  in dem er herumklettert, obwohl es sich gerade auffaltet, was, in einem
  entsprechenden Zeitraffer betrachtet, recht dramatisch erschiene. Wir
  sind viel lebendiger als das Haus, in dem wir uns treffen, obwohl auch
  dieses, mit Zeitraffer gefilmt, lebendig erscheinen würde.    Mit einem solcherart
  erweiterten Lebensbegriff würde sich auch formal der Anwendungsbereich
  einer Ethik der "Ehrfurcht vor dem Leben" erweitern.      Ähnlich wie "Leben"
  läßt sich "Subjekt" verallgemeinern    | 
 
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   Und wie steht es mit der Verallgemeinerung des
  "Subjekt"-Begriffs?  | 
  
   Ähnlich wie der Begriff des Lebens
  läßt sich der Begriff des Subjektes verallgemeinern . Wenn ich
  nicht das ganze Universum nur auf "den" Menschen als künstlich
  konstruiertes Subjekt oder konsequenter nur auf mich allein beziehen
  soll, wenn ich überhaupt die Existenz der Welt vor meiner Lebenszeit annehmen
  will, muß ich mögliche Erkenntnis und damit Subjekte auch vor dieser Lebenszeit
  annehmen. Und dann brauche ich nur weit genug zurückgehen und komme dazu,
  bei jeder Wechselwirkung, also auch bei den kleinsten Elementarteilchen,
  eine Informationsübertragung anzunehmen und deshalb auch ein
  Subjekt, das >Information übertragen bekommt.
  Ohne Subjekte, die Information erhalten können, ist es (fast) müßig, von
  Existenz zu sprechen. Und da auch diese Subjekte nur dann existent werden,
  wenn sie zu Objekten anderer Subjekte werden, kann alles, was ist, als
  Subjekt oder als Objekt betrachtet werden. Mit ähnlichen Verallgemeinerungen
  werden auch die üblichen Haarspaltereien um "freien Willen",
  "Menschsein", "Bewußtsein", "Schuldfähigkeit"
  relativiert bzw. zur Definitionssache.        | 
 
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   Eine Ethik mit einem erweiterten
  Lebens- oder Subjektbegriff würde auch Kulturgegenstände und technische
  Systeme als Subjekte mit einschließen. Ästhetik erscheint dann als Spezialfall
  von Ethik.    | 
 
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   Wir sind nicht nur mit den Pflanzen
  und Tieren, sondern in allgemeiner Weise auch mit unseren Werkzeugen verwandt.    | 
 
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   Sind wir mit unseren Geräten und Maschinen verwandt?    | 
  
   Die bisher meist indirekt begründete
  Ethik des Umgangs mit Kulturgütern, etwa im Bereich Denkmalschutz, läßt
  sich mithilfe eines erweiterten Lebensbegriffs als Spezialfall der Ethik
  der Ehrfurcht vor dem Leben und damit elementar darstellen. Ästhetik
  erscheint dann nicht mehr als der Ethik gleichgeordnet, sondern als elementare
  Ethik gegenüber besonders feingewebten lebenden Strukturen. Man
  würde nicht nur wahrnehmen, daß man mit jedem Dackel ein gemeinsames Vorelternpaar
  hat, sondern sogar in sehr allgemeiner Weise mit Tisch und Stuhl, mit Hammer
  und Säge verwandt ist, insbesondere wenn man diese Geräte als Glieder in
  ihrer Kette von Generationen betrachtet. Man würde, wenn man nur genau
  genug hinschaut, von "Interessen", zumindest von "Überlebensinteressen"
  einer Maschine, eines Autotyps, ja sogar - von Farben, Formen, Melodien
  sprechen können.      Modell Computerviren: Neue
  Arten von Leben    | 
 
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   Auch im Computer ist Leben möglich.    | 
  
   Daß das nicht gar so abstrus
  ist, wie es vielleicht manchem zunächst scheinen mag, dafür sind die >Computerviren eine aktuelle Illustration,
  insbesondere diejenigen, die so, wie sie überleben, nicht konstruiert
  wurden, sondern spontan durch zufällige Kombination konstruierter Bausteine
  entstanden sind. Vor unseren Augen entwickelt sich aus den Schmutzecken
  der >Software in unseren Computern eine neue Art von
  Leben!   Albert Schweitzer forderte
  Ehrfurcht auch gegenüber "metaphysischem Leben", "rettete"
  zum Beispiel alte Orgeln vor der Vernichtung. Vielleicht würde er heute
  die Pflege von Archiven für Computerviren in unschädlicher Form befürworten.
         Ökodesign als Entwurf und Gestaltung
  aus und mit lebenden Elementen    | 
 
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   Begriff des Ökodesigns mit verallgemeinertem
  Lebensbegriff koppeln?        | 
  
   Wenn ">Design"
  mit "Entwurf", "Formgebung", "Gestaltung"
  übersetzt werden kann, dann ist Design in jedem Fall eine Ordnung von
  Elementen. Um eine verallgemeinerte Öko-Ethik auf so etwas wie ">Ökodesign" anwenden zu können, müßten die Elemente
  des Gestaltungs- und Ordnungsprozesses als lebendige Einheiten
  definiert oder zumindest erlebt werden - mit Überlebensinteressen,
  darüber hinaus mit Interessen an "Entfaltung", Vermehrung und
  an der Weitergabe des zugrundeliegenden Programms in die Zukunft,
  weiter an Energiegewinn  und  Energie-Einsparung, schließlich an Symbiosen
  und anderen Möglichkeiten, die Energieökonomie zu verbessern.  "Ökodesign"  wäre 
  dann "Entwurf und Gestaltung aus und mit lebenden Elementen",
  auch wenn diese gängigerweise bisher als unbelebt eingestuft
  wurden.     Damit haben wir also eine
  sehr allgemeine Öko-Ethik skizziert - einen Extrem-Entwurf sozusagen - so
  allgemein, daß wohl vielen inzwischen recht unbehaglich geworden ist.
  Deshalb möchte ich den ethischen Turmbau gleich wieder - nun; nicht einreißen,
  sondern ihn von der anderen Seite als so etwas wie einen Brunnenschacht
  betrachten, in den man auch hineinstürzen kann. Das geschieht mit der
  folgenden        | 
 
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   Öko-Ethik hebt, zuende
  gedacht, sich selbst auf. Überlebensfähige Ethik beschränkt sich selbst.    | 
 
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   Prinzipiell grenzenloser Anspruch von Ethik stößt auf
  irdische Begrenzungen        | 
  
   Die Erde und der Sonnenstrahl,
  der sie trifft, ist begrenzt. Stoff-, Energie- und Zeitressourcen für Lebewesen
  wie auch für technische Systeme sind begrenzt. Die Möglichkeiten für eine
  ethische Rücksichtnahme haben wir aber eben mit der Verallgemeinerung
  der Begriffe des Lebens und des Subjektes als prinzipiell unbegrenzt skizziert.
       Ordnung zu erhalten und
  steigern erfordert Vernichten von Ordnung an einem anderen Punkt.    | 
 
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   Ordnung braucht  Export von Unordnung ...    | 
  
   Jede ordnungserhaltende
  und ordnungssteigernde Tätigkeit - zum Beispiel das Reinigen eines
  Gegenstandes - verbraucht aber selbst Energie und erzeugt Unordnung in
  seiner Umgebung. Die Energie muß anderen lebenden Systemen, ob nah oder
  fern, weggenommen, zumindest vorenthalten werden; die Unordnung muß
  anderen Systemen aufgebürdet werden. Es ist also unter irdischen Bedingungen
  nicht möglich, an einem Punkt Ehrfurcht vor dem Leben zu üben, ohne genau
  damit an einem anderen Punkt dagegen zu verstoßen. Deshalb ist die
  Decke prinzipiell immer zu kurz; immer wieder muß eine Rücksicht
  hintangestellt werden, müssen auch technische Gebilde vernichtet oder
  vernachlässigt, Unordnung zugelassen werden. Jeder Denkmalpfleger, Museumsdirektor,
  Briefmarkensammler kennt die Schere zwischen dem als prinzipiell unbegrenzt
  empfundenen ethischen Impuls und den ebenso prinzipiell begrenzten
  Möglichkeiten, ähnlich wie auf anderen Gebieten jeder Sozialarbeiter,
  Politiker, Naturschützer.     | 
 
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   ... Entropiesatz als moderne Vorstellung von
  "Erbsünde"?    | 
  
   Vielleicht ist das eine
  ökologische Fassung des Konzeptes von der Erbsünde oder umgekehrt dieses
  ein Spezialfall des >Entropiesatzes. Wenn der
  Bezugsrahmen nur genügend groß gewählt wird, kommt Ethik ans Ende. Vermutlich
  muß auch Ökodesign als angewandte Öko-Ethik irgendwo Augen, Ohren oder
  Nase schließen, muß sie Rücksicht durch Rücksichtslosigkeit ersetzen -
  wenn sie überleben will.     | 
 
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   Ethik dürfte vor dem Ideen-Ökosystem nicht
  haltmachen ...        | 
  
   Könnte man aber nicht auf die
  sublime Ebene der Ideen ausweichen, etwa im Sinne von "Miteinander
  sprechen statt aufeinander schießen"? Auch im Ideen-Ökosystem müssen
  wir, wenn wir bestimmte Ideen pflegen, hegen und ihre Entfaltung fördern
  wollen, anderen Ideen zumindest Chancen abschneiden, oder sie gar in den
  Bankrott treiben. Der Frieden mit kriegerischen Ideen zum Beispiel fällt
  auch dem friedlichsten Friedenskämpfer schwer.      Überlebensfähige Öko-Ethik
  kann immer auch als >Ideologie betrachtet
  werden.   Auch >Sublimation
  erspart nicht >Ambivalenz.    | 
 
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   ... muß aber Grenzen finden, wenn sie überleben
  will.  | 
  
   Außerdem gibt es eine reale
  Rückkopplung zwischen Ideen und Menschen. Wer miteinander um Ressourcen
  konkurriert, wessen Kinder am Verhungern sind, der wird sich nicht mit
  Ideen abgeben können, die nicht seine reale Situation verbessern. Solche Ideen
  wären für ihn Luxus, Zeit- und Energieverschwendung, keine Symbiosepartner.
  Von Menschen gedachte überlebensfähige Ideen haben also immer auch eine
  Valenz für das menschliche Überleben im Konkurrenzfeld. Wenn wir geistigen
  Gebilden nur überhaupt eine Art Leben zugestehen, dann bekommt eine entsprechend
  allgemeine Öko-Ethik die gleiche Ambivalenz wie das Leben selbst; Öko-Ethik
  kann immer auch als Ideologie im Dienste begrenzter Interessen betrachtet
  werden; die Option eines universell guten Gewissens können wir erst
  im Grab verwirklichen.    Das gilt vielleicht nicht nur
  für den einzelnen, sondern sogar für die ganze Menschheit.         | 
 
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   Öko-Ethik könnte schon bald
  die Ethik technischer Subjekte untereinander und gegenüber der biologischen
  Welt einschließlich der Menschen werden.  | 
 
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   Technische Evolution überholt biologische
  Evolution, ...        | 
  
   Die Evolution der technischen
  Systeme läuft schneller als die der Lebewesen - gemessen am Zuwachs an Vielfalt
  und >Komplexität. Höchstens
  Jahrhunderttausende seit der Erfindung des Faustkeils, einige Jahrhunderte
  seit der Erfindung der Dampfmaschine, einige Jahrzehnte seit der Erfindung
  des Computers: Verglichen mit den Jahrmilliarden biologischer Evolution
  sind das gar keine Zeiten.     | 
 
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   ... da Planung vergebliche Versuche und Verschleiß
  einspart.    | 
  
   Warum aber ist das so? - Technische
  Systeme - Bauwerke und Leitungsnetze, Geräte, Maschinen, Computer,
  Automaten und Roboter werden geplant. Neue Möglichkeiten werden
  zuerst auf dem Plan oder am Modell statt in der Wirklichkeit erprobt.
  Diese >Strategie spart Aufwand und Verschleiß. Lebewesen
  dagegen können sich zumindest bisher nicht planen; sie müssen neue Mutationen
  sofort in der wirklichen Umwelt erproben. Wenn es Fehlentwicklungen
  sind, gehen sie mit Haut und Haar zugrunde; bei technischen Systemen
  sind es nur Gedanken, die verworfen werden oder Zeichnungen, die im
  Papierkorb landen. Wenn aber die technische Entwicklung dank der wirksameren
  Strategie mit Planung schneller verläuft als die Evolution der Lebewesen,
  dann müßten die Maschinen die Lebewesen einschließlich der Menschen überrunden
  und verdrängen - es sei denn, nicht nur einzelne technische Systeme, sondern
  die technische Entwicklung insgesamt könnte geplant werden. Das aber
  könnte nur dann gelingen, wenn der technische Wettlauf der konkurrierenden
  Unternehmen und Länder von einer zentralen Instanz der Menschheit gestoppt
  werden könnte. Und dies halte ich für so unwahrscheinlich wie das >Perpetuum
  mobile, weil die Evolution der Lebewesen selbst auf das Wirken
  von Konkurrenz angewiesen ist. Ohne Konkurrenzdruck hätte sich weder
  Technik, noch Leben, noch Menschheit entwickeln können.   Diesen Gedanken hat James
  Paul Wesley in seinem Buch "Ecophysics" (1974) meines Wissens
  als erster in größerer Ausführlichkeit begründet. Erst jetzt scheint sich
  eine breitere Diskussion über dieses Thema anzubahnen (vgl. etwa Moravec
  1988).       Stafette der Öko-Ethik wird
  von technischen Systemen übernommen    | 
 
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   Über kurz oder lang überholen komplexe Maschinenprogramme
  Menschen auch im Bereich der Ethik.        | 
  
   Für viele ist die Perspektive
  der Verdrängung der Menschen durch die Maschinen, des biologischen Lebens
  durch das technische Leben ungewohnt, ja ärgerlich. Mit dem Ende der
  Menschheit wäre aber nicht "alles aus" - im Gegenteil; die
  Entwicklung der technischen Welt würde rasanter als je voranschreiten.
  Wenn die Komplexität der technischen Systeme die des menschlichen Gehirns
  überschreitet, dann könnten diese technischen Systeme als Subjekte
  vermutlich auch eine tiefere Öko-Ethik besitzen als die Menschen. Vielleicht
  können die technischen Subjekte sogar schon heute entsprechend mit geistigen
  Viren der Öko-Ethik geimpft werden. Vielleicht findet sich schließlich
  die Menschheit als Studienobjekt technischer Systeme in ihrem irdischen
  Terrarium, vielleicht auch nur in der Form komplexer Software konserviert.
  Vielleicht lassen die technischen Systeme sogar den Terrarien- oder >Cyberspace-Bewohnern
  nachsichtig den Glauben, sie selbst hielten nach wie vor die Fäden der Entwicklung
  in den Händen ...     Hier und heute im Alltag:
  Enges wie weites Konzept von Öko-Ethik möglich.   Ich hoffe, meine Ausführungen
  über Öko-Ethik erwecken nicht den Eindruck einer Predigt. Dennoch möchte
  ich mit drei Sätzen "Predigt" abschließen:    | 
 
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   Öko-Ethik kann mit verschiedenen Begriffen
  begründet werden; es gibt keine allgemeinverbindliche Begriffsliste    | 
  
   Wenn Ihnen das Konzept einer
  Öko-Ethik zusagt, die einen verallgemeinerten Begriff von
  "Leben" oder "Subjekt" verwendet, dann gehen  Sie 
  in Ihrem  Arbeits- und
  Haushalts-Alltag rücksichtsvoll und "partnerschaftlich" mit den
  Gegenständen um. Wenn nicht,  dann
  eben nur haushälterisch. Wenn es Ihnen aber gelingt, im normalen Arbeitsstreß
  in einem normalen Konkurrenzfeld auch nur an Ihrem Arbeitsplatz dauerhafte
  Ordnung und Frieden zwischen den Gegenständen zu stiften, ohne andere
  dafür arbeiten zu lassen - sind Sie schon Meister in Öko-Ethik; Sie nähern
  sich dann sogar schon einem ethischen Perpetuum mobile!         | 
 
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     Birnbacher, D.: Ökologie und Ethik.  Stuttgart 1980   Hafemann, M.: Die Suche nach einer
  Umweltethik.  Psychologie heute 1988/2,
  S. 41-45   Hass, H., Lange-Prollius,
  H.: Die Schöpfung geht weiter.  Stuttgart 1978   Krueger, F. R.: Physik und Evolution.
   Berlin 1984   Löw, R.: Philosophische Begründung
  des Naturschutzes. Scheidewege 18, 1988/89, S.
  149-167   Meyer-Abich, K. M.: Von der Umwelt zur
  Mitwelt. Scheidewege 18, 1988/89, S. 128-148   Moravec, H.: Mind Children.  Cambridge (Massachusetts)
  1988   Schweitzer, A.: Kultur und Ethik.  München 1923   Ulrich, P. (Interview): "Eine
  grüne Marktwirtschaft wäre unglaublich schnell möglich".  Cash 29, 19.7.1991   Wesley, J. P.: Ecophysics. Springfield (Illinois) 1974   Wickler, W.; Seibt, W.: Das Prinzip
  Eigennutz.  Hamburg 1977    | 
 
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   Begriffe - wie sie hier verwendet
  werden  | 
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   Ästhetik = Lehre vom Schönen   Allmenge = Menge aller Mengen von Gegenständen
  - ein fragwürdiger Begriff, da diese Menge sich zugleich selbst als Element
  enthalten müßte   Ambivalenz = Doppelgesichtigkeit,
  Doppelwertigkeit   Biotop = Lebensraum einer
  Gemeinschaft aus Pflanzen und Tieren   Computerviren = Computerprogramme bzw.
  -programmteile, die sich - ähnlich wie biologische Viren - in anderen Programmen
  verbreiten, vermehren und damit große Schäden anrichten können   Cyberspace = (engl.)
  "kybernetischer Raum", durch elektronische Datenverarbeitung  erzeugter künstlicher Erlebnisraum. Vorstufen:
  Bildschirmflipper, Flugsimulatoren   Design = Formgebung, Entwurf,
  Gestaltung   Ehrfurcht vor dem Leben = nach A. Schweitzer
  Grundprinzip des Sittlichen   Energie = Fähigkeit eines dynamischen
  Systems, Arbeit zu leisten. Einer der Grundbegriffe der Physik   Energie-Erhaltungssatz = Satz von der Erhaltung der
  Energie und damit der Unmöglichkeit eines Perpetuum mobile 1. Art (einer
  Maschine, die aus nichts Energie erzeugen kann). Gleichbedeutend mit der
  Annahme der Gleichförmigkeit der Zeit. Auch "Erster Hauptsatz der Thermodynamik"
  genannt.   Entropie = wissenschaftliches Maß
  für >Ordnung und Unordnung eines >Systems, oft auch gleichbedeutend
  mit "Unordnung" verwendet.   Entropiesatz = "Zweiter Hauptsatz
  der Thermodynamik", Satz von der Unumkehrbarkeit der Zeit - unter
  gängigen Bedingungen; gleichbedeutend mit der Unmöglichkeit, Ordnung
  ohne Energieeinsatz zu schaffen, insbesondere der Unmöglichkeit,
  ein "Perpetuum mobile" 2. Art zu bauen - eine Maschine, die
  ohne Reibung läuft. Der Entropiesatz wird in verschiedenen Sprichwörtern
  ausgedrückt, z.B.: "Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er
  bricht".   Ethik = Lehre vom Guten   Ethos = >Ethik eines
  Berufsstandes   Evolution = Entwicklung, insbesondere
  Entwicklung der lebenden >Systeme auf der Erde in gegenseitiger
  Beeinflussung und unter Veränderung der inneren >Struktur   Gleichgewicht = Zustand eines Systems, das
  sich - in gewissen Grenzen - in der Zeit nicht ändert. Ein statisches Gleichgewicht
  kann ohne Energieumsatz erhalten werden, ein >dynamisches Gleichgewicht
  nur mit Energieumsatz.   Guru = geistiger Führer einer
  Bewegung (meist abfällig gemeint)   Holismus = (hier) ethische Rücksicht
  auf das Ganze   Humanismus = (hier) Auffassung, daß das
  ethisch Gute aus der Natur des Menschen abzuleiten sei   Ideologie = interessengebundene Weltanschauung,
  meist von politischen oder gesellschaftlichen Gruppen.    Information = Ungewißheit von
  Ereignissen, zum Beispiel von Zuständen eines >dynamischen Systems oder
  von Störungen aus der >Umwelt, gleichzeitig (bis auf das Vorzeichen) aber
  auch das Wissen, das die Ungewißheit aufhebt. Einheit der Information: eine
  Ja/Nein-Entscheidung (Bit).    Kasuistik = Erörterung von
  Beispielfällen (etwa in Ethik, Rechtswissenschaft, Theologie)   Komplexität = Vielfalt unterschiedlicher
  Beziehungen in einem >System   Konkurrenz = das Beanspruchen der gleichen
  >Ressource durch zwei oder mehrere lebende Systeme.    Leben = nicht einheitlich
  definierter Begriff. Wesley (1974) definiert ´Leben´ als Eigenschaft von
  >Systemen, die  -    zumindest >Energie mit ihrer >Umwelt austauschen, -    deren Elemente (Atome) nach ihrem Einbau in die Systeme einen
  höheren Grad an räumlicher Ordnung (eine geringere Verteilungs-Entropie)
  besitzen als vor ihrem Einbau, -    die langfristig ihre Ordnung im Rahmen einer >Evolution
  steigern (gleichbedeutend mit der Fähigkeit, >Information zu speichern) Vereinfacht: Eigenschaft von
  stofflich und energetisch offenen, geordneten, langfristig ihre >Ordnung
  steigernden >Systemen   Modell = Gegenstand, der mit einem
  anderen Gegenstand - dem "Urbild" des Modells - Eigenschaften
  oder Beziehungen gemeinsam hat. Kann zur Energie-Einsparung beim Erproben
  von Verhalten in der >Umwelt benutzt werden.    Moral = Ethik, meist beschränkt
  auf eine Konfession oder gesellschaftliche Gruppe   Objekt = Gegenstand von Wahrnehmung
  oder Gedanken. Gegensatz: >Subjekt   Ökodesign = Gestaltung unter ökologischen
  Gesichtspunkten   Öko-Ethik = >Ethik unter Einbeziehung
  ökologischer Gesichtspunkte   Ökologie = Wissenschaft von den Wechselwirkungen,
  insbesondere dem Stoff- und Energieaustausch lebender >Systeme mit ihrer
  >Umwelt, verallgemeinert Wissenschaft von den >Ökosystemen   ökologische Nische = der Bereich des Überlebens
  einer Organismenart, allgemein eines >lebenden Systems in einem
  gedachten >Möglichkeitenraum. Entspricht der "Marktlücke" in
  ökonomischer Sprechweise.   Ökosphäre = der Raum, in dem sich
  Lebewesen aufhalten - verallgemeinert Gesamtheit aller energieumsetzenden
  Systeme mit ihrer stofflichen >Umwelt, die sich aus einem Energiestrom
  speisen.   Ökosystem = Wirkungsgefüge aus Lebewesen,
  unbelebten natürlichen sowie ggf. auch technischen Bestandteilen, die
  untereinander und mit ihrer >Umwelt in Wechselwirkung stehen, insbesondere
  >Energie und Stoffe austauschen.    Ordnung = Eigenschaft eines
  >Systems, das ein Teilsystem enthält, das als >Modell für ein anderes
  Teilsystem dienen kann, weil es >Information über dieses andere
  Teilsystem enthält. Gleichbedeutend: Negative >Entropie, Redundanz.
  Gegensatz: Unordnung, >Entropie.   Perpetuum mobile = (lat.: "ewig beweglich")
  eine Maschine, die entweder Energie aus nichts schafft - Perpetuum
  mobile 1. Art, oder ewig ohne Reibung läuft - Perpetuum mobile 2. Art.
  Ersteres widerspricht dem >Energie-Erhaltungssatz, zweiteres dem
  >Entropiesatz, also den >Hauptsätzen der Thermodynamik. Beide
  können demnach - in gängigen Bereichen der Physik - grundsätzlich nicht existieren   Ressourcen = Energie, Rohstoffe, Boden
  und andere Grundlagen für die Existenz eines lebenden Systems, insbesondere
  menschlicher Gesellschaften.    Rückkopplung = Beeinflussung des Verhaltens
  eines dynamischen Systems oder Elements durch die Auswirkungen dieses
  Verhaltens auf seine >Umwelt. Kann zur Verstärkung dieses Verhaltens
  führen (positive Rückkopplung) oder zur Bremsung (negative Rückkopplung).    Software = Daten und Programme, im
  Gegensatz zu "Hardware", den Geräten, mit denen die Daten und
  Programme verarbeitet werden.    Sozialethik = >Ethik von Gruppen und
  ihren Vertretern   Stabilität = Fähigkeit eines
  >dynamischen Systems, nach einer Störung in gewissen Grenzen zu einem
  >Gleichgewichtszustand zurückzukehren. Nur möglich durch negative
  >Rückkopplung.   Stoffkreislauf = (dynamischer) Gleichgewichtszustand
  von Stoffströmen in einem >Ökosystem   Strategie = ursprünglich Kriegskunst.
  Verallgemeinert: allgemeine Linie eines lebenden Systems für die
  Auseinandersetzung mit seiner >Umwelt.   Subjekt = (hier) Gegenstand, der
  >Information aufnehmen kann und gerichtetes Verhalten zeigt. Mit
  hinreichend allgemeinen Fassungen der Begriffe "Information" und
  "gerichtetes Verhalten" kann jeder Gegenstand als Subjekt
  betrachtet werden   Sublimation = Vergeistigung   Symbiose = Zusammenwirken zwischen
  zwei oder mehreren lebenden, allgemein energieumsetzenden >Systemen zu
  gegenseitigem Vorteil - meist als gegenseitiger Austausch von Stoffen und
  Energien darstellbar.    Synergetik = Lehre vom Aufbau komplexer
  Ordnung aus dem zunächst chaotischen Zusammenwirken vieler Einzelelemente   System = Gesamtheit von Elementen,
  die untereinander, bei offenen Systemen auch mit ihrer >Umwelt, in
  Beziehung stehen.    Theorie = Istmodell von einem Gegenstand,
  das nicht unmittelbar auf Anwendung hin gebildet wird. Gegensatz: Praxis.    Umwelt = Im allgemeinen Sinn = Gesamtheit
  aller Systeme, die mit einem bestimmten System in Beziehung stehen. Im
  engeren Sinn = die Gesamtheit der natürlichen Systeme, die mit der menschlichen
  Zivilisation in Beziehung stehen, also Gestein und Boden, Gewässer, Lufthülle,
  Pflanzen- und Tierwelt.     | 
 
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